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One Life

Gefühlsreduzierter Nachdruck

„Wer ein Menschenleben rettet, dem wird es angerechnet, als würde er die ganze Welt retten“, lehrt der Talmud. Was das wohl für Nicholas Winton bedeutet, den „British Schindler“, welcher vor Beginn des Zweiten Weltkrieges 669 jüdische Kinder in Pflegefamilien unterbrachte? Ein junger Londoner Börsenmakler stemmte sich gegen Bürokratie und vor allem die davonlaufende Zeit, bloß von einzelnen Mitstreitern unterstützt.

Mehr als solche Fakten benötigt dieses Biopic nicht, versteht es dankenswerterweise und hält sich mit emotionalen Ausschweifungen sehr zurück – bis zum Finale, wo Winton die Ehrengast-Einladung einer Unterhaltungsshow erhält und derart Anrührendes geschieht, daß mancher Zuschauergriff an die Brust oder direkt zum Taschentuch gehen dürfte. Vorher verhindert die generell angenehme Zurückhaltung allerdings stärkere Bindung, man fremdelt gegenüber Charakteren, die Akteure inmitten rückgeblendeter, manchmal zu sorgfältig ausgestatteter Elendsbebilderung bleiben. Und auch, wie Winton noch Jahrzehnte später Schuld verfolgt, weil er meint, letztlich doch zu wenig erreicht, gar versagt zu haben, gerät recht knapp, da sollen nächtliches Wachliegen oder Nebensätze genügen.

So obliegt es den Darstellern, sich ins Innenleben ihrer Figuren einzugraben. Und was hätte ernstlich schiefgehen können mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle, flankiert von Helena Bonham Carter, die in großer Form Wintons kampfgeistige Mutter mimt, Lena Olins sensibler Darstellung seiner Ehefrau und Jonathan Pryce, bei dessen Kurzauftritt zwischen den beiden alten Haudegen regelrechte chemische Reaktionen knistern.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...