Originaltitel: UZLY A POMERANCE

D/Tschechien/Slowakei 2018, 90 min
FSK 0
Verleih: Barnsteiner

Genre: Drama, Erwachsenwerden, Literaturverfilmung

Darsteller: Tomas Dalecky, Hana Bartonova, Emilie Neumeister, Stanislav Majer

Regie: Ivan Pokorny

Kinostart: 30.05.19

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Orangentage

Über Erwachsene wundern

Ein kleines Dorf an der deutsch-tschechischen Grenze. Der 14jährige Darek prügelt sich mit seinem früheren Freund Hugo auf einem Friedhof. „Wenn Du sie noch einmal anfaßt, dann landest Du da unter den Blümchen, verstanden!“, schreit er. Hugo hatte ungefragt Emmas Haare geschnitten, verschnitten besser gesagt. Emma ist Dareks jüngere Schwester, die aufgrund ihres Down-Syndroms immer wieder gehänselt wird. Also will und muß Darek sie beschützen, genauso, wie er den Tod seiner viel zu früh verstorbenen Mutter betrauert und seinem in die Arbeitslosigkeit abrutschenden Vater unter die Arme greift. ORANGENTAGE ist erst mal kein leichter Stoff. Aber Darek schlägt sich durch, findet immer wieder neue Kraft, auch weil er Hanna, ein Mädchen aus dem Dorf, kennenlernt.

Die tschechische Schriftstellerin und Drehbuchautorin Iva Prochazkova, die auch den gleichnamigen Roman schrieb, erzählt diese erste zarte Liebesgeschichte anhand althergebrachter Geschlechterrollen. Er baut ihr den Stromkreis, den sie für den Physikunterricht braucht, sie schenkt ihm dafür ein Küßchen. Zudem läuft Hanna in Dareks Imagination plötzlich im Bikini durchs Dorf. Diese Oberflächlichkeiten verhindern emotionalen Tiefgang, die der Film eigentlich haben könnte. Immer wieder wirken Szenen gestelzt, zu sehr am Schreibtisch inszeniert, oft ist der Ton rauh und überspitzt, so wie die Dialoge mit der Haushälterin und heimlichen Geliebten des Vaters, für die Darek nur böse Worte findet.

Überzeugend allerdings ist Emma, Dareks kleine Schwester. Das Mädchen mit Down-Syndrom ist frei und herzerfrischend, und am Ende nimmt auch Dareks Geschichte eine unerwartete Wendung. Die Pferdezucht, die sich der Vater als Neuanfang auf den Hof holt, eröffnet ihm eine neue Perspektive. Aber auch dieses Glück währt nur kurz, wie er schmerzvoll erkennen muß. Enttäuscht von den Entscheidungen, die ohne ihn getroffen wurden, rebelliert Darek.

Procházková thematisiert hier einen dauerhaften Konflikt zwischen Eltern und Kindern und plädiert für mehr Vertrauen in die nachwachsende Generation. Das ist manchmal plakativ, aber auch hoffnungsvoll. Denn Darek – und das ist das Schöne an dem Film – hört trotz aller Rückschläge nie auf, sich über die Verhaltensweisen der Erwachsenen zu wundern. Die ja doch immer das Beste wollen, im Grunde aber gar nicht wissen, was das eigentlich sein soll.

[ Claudia Euen ]