Das Leben schreibt Geschichten, die so unwahrscheinlich sind, daß sie stimmen müssen. Ein mauerblümelnder, eigenbrötlerischer Bankangestellter unterschlug zwischen 1980 und 1982 bei seinem Arbeitgeber die unglaubliche Summe von 10,2 Millionen Dollar, um seine Spielsucht zu finanzieren. Perfekter Stoff für eine Verfilmung. Dem Zufall sei es gedankt, daß kein spielbergsches Starvehikel mit OSCAR-Ambitionen entstand, sondern OWNING MAHOWNY - eine elegante Studie über die unheilvolle Spirale der Sucht. Als deren schwitzender, nuschelnder, spielsüchtiger Mittelpunkt buchstabiert Philip Seymour Hoffman das Alphabet der Filmschauspielerei neu, zumindest der nordamerikanischen.
Dan Mahowny grübelt, rückt ungeschickt seine Brille zurecht. Dies tut er immer, wenn Entscheidungen über höhere Geldbeträge anstehen. Wir reden nicht über Tausend Dollar, oder Zehntausende. Dan ist gerade dabei, Millionen zu verspielen. Nicht sein eigenes Geld, wohlgemerkt. Er hat das Glück, oder auch Pech - wie man es sieht, bei einer Bank in Toronto über Kredite zu entscheiden und deren Auszahlung zu verwalten. Gelegenheit macht Diebe. Maßstabsgetreu zu den Chancen, die sich Dan bieten, wachsen auch seine Betrügereien. Bald schon ist er ein gern gesehener Gast im Casino. Wie es im Glücksspiel so ist, man gewinnt und man verliert. Manchmal auch Millionen.
Dans Freundin Belinda (eine herrlich entstellte Minnie Driver) begreift schnell die Reichweite seiner Probleme, doch wie soll sie ihm helfen? Und während er auf dem Weg ist zum Spiel seines Lebens, ist die Polizei schon auf der Spur seines Finanzbetruges im großen Stil.
Überwachungsbilder, eine Kamera, die über Akteuren und Geschehen schwebt, disziplinierter Szenenaufbau - Regisseur Richard Kwietniowski und sein Kameramann Oliver Curtis nutzen jede Gelegenheit, urteilsfrei über die zunehmenden Dimensionen von Mahownys Spielsucht zu berichten. Er ist kein Monster, sondern einfach hoffnungslos einer Sucht ausgeliefert, die sein Leben völlig bestimmt - und ruiniert. Konstante Spannung, eine brillante visuelle Gestaltung und eleganter Techno-Jazz auf der Tonspur verbinden sich zu einem ungewöhnlichen Porträt. Mit einem Blick auf die Niagarafälle beginnt OWNING MAHOWNY. Ganz so wuchtig ist der Film nicht, aber ebenso kühl und faszinierend.
Originaltitel: OWNING MAHOWNY
Kanada/GB 2003, 104 min
Verleih: Real Fiction
Genre: Drama
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Minnie Driver, John Hurt
Regie: Richard Kwietniowski
Kinostart: 07.10.04
[ Roman Klink ]