Originaltitel: FAUBOURG 36
F 2008, 120 min
FSK 6
Verleih: Constantin
Genre: Drama, Musik
Darsteller: Gérard Jugnot, Clovis Cornillac, Kad Merad, Nora Arnezeder, Pierre Richard
Regie: Christophe Barratier
Kinostart: 27.11.08
Die Kamera segelt elegant durch belebte Straßen und fängt in Sepia-Bildern ein Paris Mitte der 30er Jahre ein. Schließlich beendet sie ihre Reise im Musiktheater "Chansonia", einem Haus am Rande des Ruins, da kann auch der rührige Mitarbeiter Pigoil nicht dran rütteln. Dennoch versucht er es und bemerkt dabei zu spät, daß seine Frau wie ein Wanderpokal durch die Belegschaftsbetten gereicht wird. Man läßt sich scheiden, Pigoil verliert das Sorgerecht für Sohn Jojo, was ihn emotional zerstört. Eine neue Aufgabe muß her, und was läge da näher als eine Neueröffnung des mittlerweile bankrotten Etablissements?! Ergo suchen Pigoil und seine Freunde nach geeigneten Künstlern, doch die Auswahl ist mager. Bloß Sängerin Douce hat Talent, aber eben auch den lokalen Gangsterboss am Hacken kleben. Trotzdem heißt es für alle: The Show Must Go On!
So etwas können tatsächlich nur die Franzosen – eine kleine, unspektakuläre Geschichte zu einem ganz großen Ereignis werden lassen. Ohne übertriebenes Zeitkolorit besinnt sich dieses leider mit einem viel zu polternden deutschen Titel geschlagene Wunderwerk auf herrlich altmodische Tugenden, berührt hier den Zuschauer durch universelle Gefühle, birgt dort Nostalgie und vermeidet stets aufdringliche Töne. Tief menschlich ist das Ambiente, ohne je zu gutmenscheln, leise schleicht sich der Humor ins Gemüt, bei den eigens komponierten, wie nebenbei in die Handlung getupften Chansons wehen Magie und Sehnsucht durch den Kinosaal.
Ein altes Theater, zwar verfallen, aber voller Vergangenheit, Leid und Freude, gerät zum heimlichen Hauptdarsteller, in dessen Räumen sogar sonst vielleicht naiv scheinende Dialogzeilen à la "Liebe gibt es nur einmal im Leben" nach nichts anderem klingen als purer Wahrheit. Daß selbst eine unnötig dramatische Rahmenhandlung – immerhin zwei Tote sind zu beklagen – den lockerleichten Grundton kaum schmälern kann, spricht erneut für diesen Film, welcher so kurz vor Weihnachten bestens dazu geeignet scheint, die Herzen seines Publikums nachhaltig zu erwärmen.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...