Originaltitel: PARTHENOPE
I/F 2024, 136 min
Verleih: Alamode/Wild Bunch
Genre: Drama, Poesie
Darsteller: Celeste Dala Porta, Luisa Ranieri, Gary Oldman, Dario Aita, Marlon Joubert
Regie: Paolo Sorrentino
Kinostart: 10.04.25
Mit dem Namen Parthenope benennt Homers „Odysee“ eine der Sirenen. Schön waren sie, die Biester; schön und todbringend war ihr Gesang für alle, die ihn hörten. Es ist ein Mythos, der von der fatalen Nähe zwischen Schönheit und Verderben, Eros und Tod, vom zum Sterben schönen Augenblick und somit der Vergänglichkeit erzählt, die allem innewohnt. Ein Thema, das Regisseur Paolo Sorrentino leitmotivisch in jedem seiner Filme streift und das schon sein Meisterwerk LA GRANDE BELLEZZA programmatisch im Titel führt – und PARTHENOPE jetzt ebenso programmatisch fortsetzt.
Parthenope heißt die Frau, deren Leben hier erzählt wird. Ein Leben, das seinen Anfang im Jahr 1950 und im Golf von Neapel nimmt; bei einer Wassergeburt wenige Meter vom Strand entfernt. Jenem Strand, an dem in mythischen Zeiten der Körper der Parthenope angespült wurde, nachdem diese sich ins Meer und den Tod stürzte, weil der listige Odysseus einen Dreh fand, dem Sirenengesang verzückt zu lauschen, ohne ihm zu erliegen. Und als solle sich jetzt die neu-, die meergeborene Parthenope für diese Schmach rächen, wird sie zeitlebens eine Frau sein, die wie im Vorbeigehen Liebe und Begehren weckt und zugleich unnahbar bleibt. Eine Sirene, verführerisch und in unschuldiger Betrachtung der auch mal tödlichen Gefühlsverheerungen, die sie provoziert.
Wie schon LA GRANDE BELLEZZA beginnt auch PARTHENOPE mit einem Zitat von Louis-Ferdinand Céline; ein kleiner Verweis auf die unmittelbare Verwandtschaft der Filme. Doch wo in ersterem ein alternder Flaneur durch Rom streift, ist es jetzt eine junge Frau in Neapel, die die Kamera nachgerade umschwebt und in einem oft atemberaubenden Licht- und Schattenspiel das Porträt Parthenopes mit dem ihrer Heimatstadt überblendet. Wie Epigramme treten dazu Motive und Figuren in den Fokus (Highlight: Gary Oldman als Autor John Cheever) und verschwinden wieder beim Streifen durch dieses Parthenope-Leben und die Straßen Napolis.
Das ist betörendes Kino – ein neues Meisterwerk ist es nicht. Das Leben, läßt Céline zu Beginn von PARTHENOPE wissen, sei so gewaltig, daß man sich überall verirre. Es gib Momente, in denen sich auch dieser Film verirrt und wie berauscht vom eigenen Schauwert den Blick für die Grenze zwischen Kunst und Kunstgewerbe verliert, wenn er die Schattenseiten, die Armut Neapels ästhetisiert, als wäre es ein pittoresker Mummenschanz.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.