Originaltitel: PASSENGERS

USA 2016, 116 min
FSK 12
Verleih: Sony

Genre: Science Fiction, Liebe

Darsteller: Chris Pratt, Jennifer Lawrence, Michael Sheen, Laurence Fishburne

Regie: Morten Tyldum

Kinostart: 05.01.17

7 Bewertungen

Passengers

Fünf Filme will er sein

Übervölkert, überteuert, überschätzt – so der hiesige (und nicht ganz von der Hand zu weisende) Blick auf Mutter Erde. Die Lösung: einen neuen Planeten besiedeln und damit Zeit gewinnen, bevor sich die ganze Chose schließlich wiederholt. Da schwebt auch schon das luxuriöse Raumschiff „Avalon“ durchs All, trägt 5000 Passagiere im gigantischen Bauch (ob das die Überbevölkerung merklich eindämmt?), hat noch 90 Jahre Weg vor sich. Und läßt im Zuge einer Fehlfunktion den von Chris Pratt verkörperten Jim aus dem Hyperschlaf erwachen, welcher dann gleich seiner Funktion als Hingucker nachkommt und erst mal unter die Dusche springt. Das erledigt, lernt Jim die technischen Vorzüge des Kreuzers kennen, leidet aber zunehmend – man erkennt den zeitlichen Fortgang am quasi unablässig wachsenden Bart – unter Einsamkeit, weil alles um ihn herum weiter schlummert, lediglich der Barkeeper-Androide Gesellschaft leistet.

Ist es eine Komödie? Oder eher ein Drama? Man fragt sich das zwangsweise, angesichts einer Abfolge seltsamer Scherze, beste Unterhaltung für Menschen, die sonst wenig zu lachen haben, unterbrochen durch depressive Anfälle Jims, mündend in Suizidgedanken. Die Krönung stellt ein privater Flug durchs Universum, bei dem sich der Mann ein Tränchen nicht mehr verdrückt. Wohingegen das Publikum versucht, die ständig wechselnde Frequenz der emotionalen Töne korrekt aufs eigene Empfinden zu übertragen. Was besser gelänge, würde die omnipräsente Musik nicht stets versuchen, zur Situation passende Gefühle in den Zuschauer reinzududeln.

Dann taucht Aurora auf! Sie, eine im realen Körper Jennifer Lawrence' steckende und daher Chris Pratt attraktivitätsmäßig angemessene Autorin, hat in ihrer Akte ein paar lockere Sprüche stehen, wird deswegen von Jim als „perfekte Frau“ identifiziert und erweckt. Allerhand freie Bahnen hin zu Romantik und schließlich Liebe, außerdem Grundlage moralischer Fragen: Hatte Jim das Recht, dies zu tun? Endlich nimmt die Geschichte Fahrt auf, alles bisher Gesehene wirkt wie ein Appetithäppchen, eine Diskussionsgrundlage. Regie, Buch und Darsteller scheinen gemeinschaftlich angekommen, wo es nun um Schuld, menschliche Beziehungen, Glück und dessen Preis geht. Allerdings erneut nicht lange, denn irgendwo muß das 110-Millionen-Dollar-Budget ja abgeblieben sein. Heißt: Plötzlich lauern furchtbare (Lebens-)Bedrohungen …

Bisher ein Mix aus ziemlich ruppiger Komödie, Weltallabenteuer, Einsamkeitsstudie sowie themenvielfältigem Drama, kommt fünftens der Actionkracher dazu. Spektakuläre Greenscreen-Effekte sowie stilechtes Wir-müssen-unbedingt-diesen-Schalter-erreichen-und jenes-Knöpfchen-drücken-damit-sich-dort-was-schließt-und-möglichst-keiner-stirbt-Gebrüll inklusive, außerdem bleibt freilich selbst angesichts höchster Gefahr, welche in jeder Sekunde den Tod bringen könnte, genügend Freizeit, ein kämpferisches „Ich komm' Dich holen!“ zu zischeln, während vor der Leinwand nervig logisch ausgerichtete Hirnteile lospoltern: „Aber wenn das so und so ist, müßte dann nicht …?“ Norweger Morten Tyldum auf dem Regiestuhl empfiehlt sich Hollywood nach THE IMITATION GAME jetzt endgültig.

Zusammengefaßt: Es passiert immer was Unterhaltsames, die Bilder und Protagonisten sind schön anzuschauen, man kriegt mehrere Filme in einem und die Chance, im stürmischen Wechselbad der Gefühle zu schwimmen. Der streckenweise vergleichbare GRAVITY bleibt trotzdem unerreicht.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...