Originaltitel: PAVAROTTI
USA/GB 2019, 114 min
FSK 0
Verleih: Wild Bunch
Genre: Dokumentation, Biographie, Musik
Regie: Ron Howard
Kinostart: 26.12.19
Wer sich in Edda Mosers Erinnerungsgeflechten verliert, begegnet manchmal recht unverhofft sanft melancholisch Geseufztem: „Wir waren alle auf der Bühne ineinander verliebt, Gedda, Pavarotti, Domingo.“ Und abseits der weltbedeutenden Bretter entbrannten Presse und Publikum unisono – ungebrochen, bis heute. Was offensichtlich OSCAR-Preisträger Ron Howards Neugier weckte, ihn dazu brachte, Luciano Pavarotti nachzuspüren.
Howard war zu Recherchebeginn kein glühender Fan, er könnte ergo aus unverstelltem Blickwinkel betrachten, erliegt indes schnell Pavarottis Charisma und singt eine Lobeshymne, unterstützt durch fachkundige Talking Heads: Während beispielsweise Zubin Mehta von superben Kochkünsten zu berichten weiß, rühmt eine furchtbar rüschig gewandete Angela Gheorghiu des Kollegen Hohe Cs, nicht nur in „Ah! Mes amis, quel jour de fête!“ spektakulär vernommen. Und glimmen selten dennoch kritische Schlenker auf, ganz schüchtern natürlich, scheint Howard für seinen Schützling Verständnis zu erbitten, Unbequemes kumpelhaft schulterzuckend wegzulächeln, ob kapriziöses Divengetue oder Betrug der Gattin. Unser Pavarotti eben, den hat man trotzdem lieb, stimmt’s?!
Echtes biographisches Queren heller Passagen und dunkler Korridore verhindert somit der ikonische Status, jeden Schattenwurf überstrahlt die Legende. Oder doch der Mensch dahinter? Es lohnt, Details Aufmerksamkeit zu schenken – unter anderem den alten Gag, mit drei Töchtern und einer Ehefrau habe man(n) daheim null Daseinsberechtigung, abzuhaken und besser Pavarottis beim Reißen desselben hingebungsvoll leuchtende Augen zu entdecken. Und erwartungsgemäß parallel archivierten Auftritten (die teils nebenbei Pavarottis mäßiges Schauspieltalent bebildern) zu lauschen. Allerdings weniger als eine Art Best Of, zwecks akustischen Beistands nötig. Vielmehr gab sich der bekennende Opern-Laie Howard dem Sujet leidenschaftlich hin, initiiert oft spannende Wechselbeziehungen zwischen privaten Wendepunkten und Arien: So samtet „Una furtiva lagrima“ zur schweren Erkrankung von Pavarottis junger Partnerin; wenn ihn nagende Selbstzweifel quälen, umrahmt sie das Verismo-Meisterstück „Vesti la giubba“ in wuchtiger Vehemenz.
Bleibt erneut festzuhalten, daß auch Howards Näherung einen Superstar, wie wohl unvermeidlich, inszeniert statt porträtiert – dies aber gekonnt und fern egozentrischen Regietheaters.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...