Originaltitel: PHOTOGRAPH
Indien/D/USA 2019, 109 min
FSK 0
Verleih: NFP
Genre: Romantik, Tragikomödie, Poesie
Darsteller: Nawazuddin Siddiqui, Sanya Malhotra, Farrukh Jaffar
Regie: Ritesh Batra
Kinostart: 08.08.19
Ritesh Batra, der 2013 mit LUNCHBOX, einem zärtlichen Film über eine ungewöhnliche Liebe, erfolgreich debütierte, folgt in PHOTOGRAPH seinem Interesse an menschlichen Begegnungen über Klassengrenzen hinweg und kehrt dafür in seine Heimatstadt Mumbai zurück.
Dieses Mal läßt er Rafi, den die Aura eines charismatischen, aber einsamen Wolfes umweht, auf die schüchterne Miloni treffen. Rafi arbeitet als Straßenfotograf am „Gateway Of India.“ Dort bezirzt er den ganzen Tag Touristen, damit sie sich von ihm vor dem berühmten Wahrzeichen ablichten lassen. Miloni ist eigentlich keine Touristin, und sie will auch kein Foto von sich. Aber als sie das, welches Rafi von ihr gemacht hat, in den Händen hält, ist sie fasziniert. Er hat sie auf eine besondere Art festgehalten. Auf diesem Bild sieht sie glücklich aus. Im richtigen Leben ist sie das eher nicht. Ihre Eltern fordern von ihr Topleistungen im Studium, die sie auch liefert. Aber Spaß macht es ihr nicht. Lieber wäre sie Schauspielerin geworden.
Rafi ist auf andere Weise in seinem Leben gefangen. Er will unbedingt die Schulden seiner Familie, die auf dem Land lebt, begleichen. Außerdem erwartet seine Großmutter, daß er endlich heiratet. Um dem Druck zu entgehen, beschließt er, Milonis Foto als Verlobungsanzeige nach Hause zu senden. Als die Großmutter ankündigt, sich die zukünftige Ehefrau persönlich ansehen zu wollen, sucht Rafi nach Miloni, um sie zu bitten, für eine Woche seine Verlobte zu mimen. Es soll die Rolle ihres Lebens werden.
Batra zielt nicht auf Romantik oder gar ein Happy End, vielmehr geht es ihm darum, über Sehnsucht zu erzählen. Vielleicht sind es der Traum von Ungebundenheit, die Möglichkeit, eine neue Welt eröffnet zu bekommen, der Geschmack der Kindheit, aber auch der Wunsch nach einem einfachen Leben auf dem Land, den Miloni verspürt, ohne je dagewesen zu sein.
Stand die Familie in Indien früher über allem, will die junge Generation zunehmend ihre individuellen Bedürfnisse ausleben. Batra erzählt diesen Konflikt mit Humor und einnehmender Leichtigkeit. Und ohne einfache Lösungen anzubieten. Denn auch wenn sich Hautfarben, Bildungshintergründe, Hierarchien und Religionszugehörigkeiten nicht so einfach überwinden lassen, so ist es doch immer der eine, einzige Mensch, den man trifft, der in einem selbst etwas bewegen kann. Man muß nur offen dafür sein.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...