Ein Typ, wie man ihn im Supermarkt beim Preisvergleich zu Hunderten trifft, einer, der freundlich grüßt, einer, dem man traut. Das macht sich gut, schließlich ist Laxe von Beruf Polizist. Was jedoch ihn und die Kollegen, die nicht wie er auf Streife arbeiten, sondern eher bei Demos, Giftmülltransporten etc. im Einsatz sind, verbindet, ist die lockere Hand. Ums klarzustellen: Laxe ist ein brutaler Schläger. So einer, der seine Frau immer wieder klinikreif prügelt, anschließend mit Blumen am Krankenhausbett steht und das Pflegepersonal freundlich grüßt. Manuela verzeiht ihm immer wieder. Im Prinzip ist er der arme Hund, einer, der dringend Hilfe braucht, einer, vor dem man Manuela schützen muß. Doch Laxe sieht das anders. Er will Luftveränderung und flieht zu seinem Bruder nach San Francisco. Eigentlich konnten die beiden schon als Kinder nicht richtig miteinander, doch sie versuchens wieder. Fast vergeblich, denn die familiären Wunden sind noch nicht vernarbt ...
Der Ire Eoin Moore verwundert. Mit PLUS MINUS NULL lieferte er vor ein paar Jahren sein begeisterndes Debüt, dann verjubelte er die Lorbeeren an die unausgegorene Aussteiger-Mär CONAMARA, und nun kriegt er ihn wieder hin, diesen scharfen, diesen strengen Blick für das Wahre. Beklemmend zeigt er die unkontrollierten Ausbrüche von Laxe, verstörend berichtet er von der fragilen Passivität Manuelas, und trotz dieser an sich fülligen Thematik kriegt Moore es auch noch hin, einen alten Bruderzwist, eine tiefliegende Familientragödie fernab jeder Oberflächlichkeitsfalle anzureißen. Dafür gebührt ihm Respekt. Aber auch dafür, daß er keine Scheu hat, drastisch zu erzählen. So eine Geschichte kann nur wehtun. Es wäre feige zu beschönigen, weil es nichts zu beschönigen gibt. Gewalt zwischen Menschen, die sich ausgeliefert sind, die vertrauen, die ihre Stärken und Schwächen nach jahrelangem Zusammenleben am besten kennen - das ist blanker Terror, das ist neben körperlichen Blessuren vor allem fiese, psychische Fuchsjagd.
So ist PIGS WILL FLY auch ein nachdenklicher, ein verstörender, ein unbequemer Film. Vor allem aber ist er ehrlich.
D 2002, 102 min
Verleih: Piffl
Genre: Drama
Darsteller: Andreas Schmidt, Laura Tonke, Kirsten Block, Udo Kier, Michael Kind
Regie: Eoin Moore
Kinostart: 09.01.03
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.