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Pippa Lee

Verliebt in eine Filmfigur

Wow! Etwas anderes kommt einem kaum in den Sinn, während man die eigentlich nicht gerade spektakuläre Geschichte der Pippa Lee verfolgt. Und zwar vor allem deshalb, weil dieser Film sich auf etwas vom Mainstream Bedrohtes besinnt: Schauspieler, welche ihren Beruf mit Liebe und Leidenschaft ausüben. Robin Wright mimt diese Pippa als beherrschten Vulkan, gefangen in der Ehe mit einem 30 Jahre älteren Mann, für den sie Krankenschwester, guter Geist und hübsches Extra zum schicken Haus sein darf, nur eben keine Tochter Evas. An Pippas Brust weint sich die dauerdepressive Freundin aus, und zwei Kinder wollen auch versorgt sein. Wie konnte es nur dazu kommen, warum vegetiert die stolze Frau buchstäblich am Rande eines Nervenzusammenbruchs dahin?

Brillant montierte Rückblenden geben Auskunft, wir erfahren von Pippas Mutter, welche ihre öde Existenz durch Tabletten aufhübschte. Und weil sie von Maria Bello gegeben wird, entsteht da eben nicht die Klischee-Schablone einer Horror-Mama, sondern das anrührende Abbild familiärer Enge, welcher Pippa früh entfloh, wobei sie unter anderem auf Julianne Moore in einer derart schrägen Rolle traf, daß hier nichts weiter dazu erzählt sein soll. Schließlich lernte Pippa ihren späteren Gatten kennen, mußte jedoch erst den Konkurrenzkampf gegen die natürlich zum Niederknien attraktive Monica Bellucci für sich entscheiden; fatale Folgen inklusive Tragen einer belastenden Schuld inklusive. Und so taumelte Pippa durch ein fast fremdbestimmtes Leben, bis irgendwann die Erkenntnis im Raum steht: Niemand braucht sie mehr so richtig. Doch vielleicht kann Nachbar Chris – in Gestalt von Keanu Reeves mit Ganzkörper-Tattoo – daran was ändern?

Und nochmals: wow! Wie kompetent Regisseurin Rebecca Miller hier eine eher kleine Story zum großen Kino formt, verdient allen Respekt. Miller findet immer, in jeder einzelnen Szene, das richtige Gleichgewicht zwischen Komik und Tragik, der Ton klingt echt, nichts wirkt gestellt. Miller versteht es sogar, am Ende eine per se ziemlich zynische Wendung zum sensiblen, wunderbaren Befreiungsschlag umzudeuten.

Ihr gelingt ein flirrender, eleganter Film, eine Ode an die Frauen, eine auch Fehler oder fragwürdige Entscheidungen erlaubende Suche nach dem eigenen Selbst ohne falsche Scham oder moralisches Gedöns. Was kann man da sagen? Genau: Pippa, wir lieben Dich.

Originaltitel: THE PRIVATE LIVES OF PIPPA LEE

USA 2009, 98 min
FSK 6
Verleih: Senator

Genre: Tragikomödie, Liebe, Schräg

Darsteller: Robin Wright, Alan Arkin, Keanu Reeves, Maria Bello, Winona Ryder, Julianne Moore, Monica Bellucci

Stab:
Regie: Rebecca Miller
Drehbuch: Rebecca Miller

Kinostart: 01.07.10

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...