Originaltitel: PREMIUM RUSH
USA 2012, 91 min
Verleih: Sony
Genre: Action
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Michael Shannon, Dania Ramirez
Regie: David Koepp
Zum Vorspann dröhnt das saftige „Baba O’Riley“ von The Who, während es etwas zu sehen gibt, was man den ganz normal alltäglichen Irrsinn auf New Yorks Straßen nennen könnte: ein Fahrradkurier, der sich durch den Verkehr schlängelt. Beschleunigen, ausweichen, blitzschnell reagieren. Ein Slalom zwischen Autos und Menschen, rasant und gehetzt, wie vom Teufel geritten. Eine Fahrt, katzenhaft elegant. Und scheinbar lebensmüde – denn zum Knaller auf der Tonspur gesellt sich bald das Zusammenknallen des Fahrrads mit einem Taxi. Und Wilee, der Kerl auf dem Bike, fliegt von selbigem im hohen Bogen und in Slow Motion durch die Luft und kracht so verdammt hart auf den Asphalt, daß man selbst im gemütlichsten Kinosessel einen kurzen, bösen Phantomschmerz spürt.
So beginnt er, David Koepps PREMIUM RUSH. Eine Eröffnung, die den Takt vorgibt für 90 Minuten Rasanz. „Bremsen sind der Tod“, sagt Fahrradkurier Wilee, weshalb sein Gefährt auch von derlei Gefährlichem befreit ist. So wie auch dieser Film, an dessen sportlich-schlanker Konstruktion nichts haftet, was schleift. Auch die Story setzt da voll auf Diät: Nach Wilees Kollision dreht sich die Uhr zurück. Hin zum Kurierauftrag, mit dem alles begann. Eine Tour, die ganz einfach scheint: Ein Umschlag soll nach Chinatown. Möglichst schnell, die Zeit ist knapp. Doch bevor Wilee sich noch auf sein Rad schwingt, taucht dieser mysteriöse Cop auf, der rabiat besagten Umschlag einfordert. Was Wilee gegen den Strich geht. Rauf auf den Sattel und auf und davon ist der – und reitet mit jedem Pedaltritt tiefer in den Schlamassel. Chinesische Wettmafia, ein bei dieser verschuldeter und zu allem bereiter NYPD-Cop, eine junge Chinesin in Verzweiflung und klar, auch etwas Herzschmerz-Liebeszauber mit einer Kollegin Wilees – inhaltlich ist das alles nicht mehr als Öl im Getriebe der Action-Mechanik.
PREMIUM RUSH ist pure Effizienz, Film in gepardengleicher, rasanter Bewegung. Und mag bei Wilee und Freunden das Schauspiel sich vorrangig auf knackige Waden und Hintern beschränken, ist da als Kontrast ja immer noch Michael Shannon, der als aggressiver, in die Enge getriebener Polizist ein darstellerisches Kabinettstück liefert. Womit PREMIUM RUSH ein heutzutage gern ignoriertes Genre-Gebot klug befolgt: Der Schurke muß Substanz haben. Der Rest kann da auch mal fluffig bleiben. Vorausgesetzt, das Tempo stimmt. Was hier der Fall ist. Und das mit Fahrrad. Kino ist schon irre.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.