Daß Buckow in Brandenburg als Kurstadt ihre unbestreitbaren Vorzüge hat, will niemand anzweifeln. Für Heranwachsende ist dies allerdings ein wenig spannender Ort, vor allem kein sonderlich zukunftsträchtiger. So taumeln auch Tino, Oli und Nico durch öde Tage, möbeln das Grau in Grau auf, mit Drogendeals, Gewalt, Knast. Und ihrem Hang zum HipHop, dem kreativen Ventil. Welches, genau wie der innewohnende Hilfeschrei, seitens ihrer Umwelt allerdings mehrheitlich ungehört verhallt.
Eine Straßenkids-Studie also? Nein. Alle drei kommen aus dem sprichwörtlichen guten Haus, leben bei den (Groß-)Eltern in geordneten Verhältnissen. Perspektiven bietet das aber auch keine. Der grundsätzlich interessante Ansatz, das Trio in Form eines dokumentarischen Spielfilms begleiten zu wollen, erweist sich jedoch gerade an dieser Stelle als problematisch. Klar ist, daß nun mal inszenierte Szenen die reine Abbildung unterbrechen, Regie und Buch Stellung beziehen müssen. Sie tun es tatsächlich, nur eben in einer etwas zwiespältigen Art und Weise.
Sämtliche Erwachsene, vom Elternhaus über die Lehrer bis hin zum Nachbarn, haben nämlich ausschließlich standardisierte Standpauken für die Jungen übrig, kanzeln den großen Traum Musik schnöde als Hobby ab und bringen sonst ebenfalls kaum bis kein Interesse auf. Was Hilflosigkeit zeigen, die Unfähigkeit zur Kommunikation illustrieren soll, wirkt insgesamt zu schablonenhaft und simpel geurteilt. Hier erliegt PREUSSISCH GANGSTAR teils dann doch der Versuchung einfacher Schuldzuweisung ohne wirkliche Ursachenforschung, da erhebt er in Schwarz-Weiß gemalte Thesen zu unumstößlichen Fakten. Was schade ist, weil sich die dokumentarisch beeinflußten Sequenzen wiederum jeder Wertung entziehen, schlicht beobachten und so viel mehr Tiefenwirkung transportieren.
Etwa, indem sie den drei Protagonisten Ehrgefühl zugestehen, sich Tino & Co. sogar als durchaus emotionale Charaktere erweisen, welche individuelle Stärke mit Schweigen verwechseln, die ihrer Perspektivlosigkeit erliegen. Und denen es letztlich wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen muß, wenn ein Poster an der Wand verkündet: "Impossible Is Nothing."
D 2007, 88 min
Verleih: defa-spektrum
Genre: Drama
Darsteller: Mario Knofe, Benjamin Succow, Robert Ohde, Aline Staskowiak, Anne Helm
Regie: Irma-Kinga Stelmach, Bartosz Werner
Kinostart: 11.10.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...