Originaltitel: NEUGDAESANYANG
Südkorea 2022, 122 min
FSK 18
Verleih: Capelight
Genre: Thriller, Horror
Darsteller: Seo In-guk, Jang Dong-yoon, Choi Guyhwa, Sung Dong-il
Regie: Kim Hong-sun
Kinostart: 02.03.23
In Litern beziffert man Wasser oder Milch, Ausgewählte eventuell Alkohol, Regisseur Kim Hong-sun dagegen findet derlei Maß für seinen Film lächerlich und gibt den Kunstblutverbrauch in Tonnen an. Konkret zweieinhalb. Offene Fragen?
Vielleicht die, worum es geht: Der – eben zart angedeutet – blutigstrote Handlungsfaden, eine recht dürre Angelegenheit, entspannt sich auf einem Frachter, dessen Ladung aus zu Auslieferungszwecken transportierten Schwerverbrechern besteht. Weil das mitreisende Überwachungspersonal aber wohl nicht die behauptete Superduperspezialausbildung plus Erfahrungsfülle vorweist, übernimmt das kriminelle Pack nach wahrer Abschlachtorgie bald das Ruder. Dazu ruht in den Schiffsgedärmen verborgen etwas ungleich Grausameres …
Figurenzeichnung und Charaktertiefe enden so ganz fix bei einem mysteriös umherschleichenden Doktor nebst bierseliger Krankenschwester und Polizistin Da-yeon, eine agile Amazone, welche total unbeeindruckt selbst durch Maschinengewehrdauerfeuer huscht. Final-Girl-Alarm! Ob sie’s schafft? Ach, eigentlich völlig egal, man interessiert sich eh keinen Deut für irgendwen.
Erstaunlich konsequent, wie paritätisch der cineastische Metzgermeister Kim seine Lämmer ohne Ansehen der „richtigen“ Fraktion zur Opferbank scheucht, es trifft hier die Guten, dort Böse. Wobei Erstere es Letzteren teils auch ziemlich einfach machen, fern nennenswerter Gegenwehr ihrer Ermordung harren. Da gerät’s schon eher zur Herausforderung, den krassen Sudel ernst zu nehmen; kaum bessere Ergebnisse erzielt beispielsweise ein normalmenschenseitig abgebissener (!) Arm. Warum ausgerechnet im Kühlhaus die Wärmesicht – PREDATOR grüßt ums Eck – des Überfeindes versagt: ein weiteres Rätsel. Wer indes willens ist, seinen Kopf hinterm Kinosessel zu verstauen, darüber hinaus im Grand Guignol eine Kunstform erkennen kann, den dürfte es zwei Stunden lang ordentlich unterhalten, jenes unablässige Stechen und Schlitzen, Schießen und Schlagen, später außerdem noch körpernäheres Zertreten, Zerquetschen und Amputieren oder Einsetzen eines riesigen Vorschlaghammers. Es gilt, einem fatalen Blowjob und dem Stuhlgang einer Überhaupt-nicht-Dame beizuwohnen. Wieder trägt für puren Wahnsinn mißbrauchte Wissenschaft furchterregende Früchte und lauern echte Monster unter glatt polierten Oberflächen, tarnen sich mittels Humanmasken, was zum finalen von ein paar mal mehr, mal weniger überzeugenden Twists führt.
Und trotzdem ragt die titelgebende Wolfsjagd grundsätzlich aus Splattereinheitsware hervor, entsteigt der bis Kniehöhe gischtenden roten Suppe, bietet mehr als Gore und Klischees. Denn sogar während geradezu sadistischen Zelebrierens vieler Tötungen (etwa dann, wenn ein Messer extrem langsam ins Herz geschoben und anschließend auf die Leiche uriniert wird) bleibt der wörtliche Overkill ein rauschendes Kinofest, ein hochqualitativer audiovisueller Traum aus grandiosem Sounddesign, effektiver Musik, schicken Farbfiltern, hübschen Lichtspielen und manchem Kamerazauber.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...