D 2007, 106 min
Verleih: Kinowelt
Genre: Dokumentation, Sport
Regie: Winfried Oelsner
Kinostart: 02.08.07
Natürlich könnte man - der Erfolg vom SOMMERMÄRCHEN in allen Ehren - abwinken und gehässig frotzeln "Oh nö, nicht noch ein Sportlerfilm." Aber das wäre viel zu früh geurteilt, denn zum einen ist dies schließlich keine Dokumentation der letzten Bogenschützen-WM, es geht um Handball, eine sogenannte Kontaktsportart, bei der also - salopp ausgedrückt - auf dem Spielfeld ganz schön Rambazamba angesagt ist.
Zum anderen ist die auch formal interessante Dokumentation nicht weniger als hauechtes Hochspannungskino. Auch deshalb, weil sich der Regisseur und Autor Winfried Oelsner mutig von Sönke Wortmanns Erfolgsdoku über die Fußball-WM ein ganzes Stück emanzipierte, er nicht mit einer Horde hochbezahlter Superstars agieren mußte, dafür die sehr jungen Spieler charmant in knappen Sätzen über ihren Werdegang parlieren läßt, und er außerdem ein ungeheures Gespür dafür hat, wie Torszenen - auch die gegnerischen - im Rückblick quergeschnitten werden müssen, nämlich so, daß einem schier die Luft wegbleibt!
Die Nationalmannschaft lernen wir als eine sympathische, zur Selbstkritik fähige und dabei sehr geerdete Truppe kennen, die mit dem Zug reist, sich den Kaffee am Bahnsteig selber holt, auch dann Ruhe bewahrt, wenn sich andere Fahrgäste zweimal versichern, ob die Sportler auch wirklich deren Plätze reserviert haben. Eine Truppe, die genau das verkörpert, was der Trainer Heiner Brand mit Vehemenz einfordert: Spaß am Spiel, Spaß am Kampf. Brand, dieser kaiserbärtige Dauernuschler, ist eh die zentrale Figur des Films, einer der seinen Stil als autoritär mit einem Funken Demokratie beschreibt, der kaum auf Kumpel macht. Damit ist er schon das Gegenstück eines Jürgen Klinsmann, der sich eher an der amerikanischen Methodik, der Symbiose aus pathetisch vorgeführter Teamarbeit und Dauercoaching, orientiert. Für die Motivation bei den Handballern ist übrigens ein Herr Löhr zuständig, der eine ziemlich putzige Praxis entwickelt hat, die das Team die Atmosphäre "schnuppern" läßt ...
Die Gänsehaut-Spielszenen stehen im guten Ausgleich zu den intimeren Momenten in den Kabinen, wobei sich hier zeigt, daß auch dieser Weg kein leichter ist, führt er die Athleten aus den Kabinen doch auch an André-Rieu-Plakaten vorbei in die Arena ... Seine Spannung und aufgeheizte Emotion kriegt der Film neben den wirklich gut montierten Szenen aus dem Umstand, daß die Handballer mit bescheidener Spielbilanz und müdem Beobachterlächeln im Rücken in diese WM gezogen sind und als hart kämpfende Phönixe den Salon verließen.
Man muß wahrlich kein ausgemachter Sportfreund sein, um sich von diesem Siegesmarsch mitreißen zu lassen. Oder wie es Heiner Brand nach dem gewonnenen Spiel gegen die Franzosen sagte: "Ich wußte gar nicht, wie gut Wasser schmecken kann!"
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.