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Quellen des Lebens

Sitten- und Familiengeschichte auf Roehler-Art

Die BRD starb mit der DDR. Oskar Roehler spürt darüber wohl immer noch so etwas wie einen Phantomschmerz. Aus guten, aus ganz familiären Gründen. Aber weil der Roehler immer schon ein Egomane und Exzentriker war, zudem ein Kinoprovokateur, wenn manchmal auch nur von eher goldigem, wenn man so will, bundesrepublikanischem Zuschnitt, ist es für den Kerl nicht wirklich problematisch, seinen ganz privaten Phantomschmerz als imaginative Spiegelung in einem Filmwerk exorbitanter Länge zu thematisieren. Und ja, das ist ziemlich aufgeblasen – aber das sind Roehler-Filme ja gerne. Und bereiten nicht selten gerade deswegen Vergnügen.

Ohne Wenn und Aber muß man gestehen, daß man sich in den knapp drei Stunden der QUELLEN DES LEBENS keine Minute zu langweilen braucht. Roehler erzählt wie gehabt zwischen melodramatisch und hysterisch, taumelt zwischen Trash und Kunst. Der Einstieg ist klasse: Gleich einem Untoten kehrt da der Erich aus der Kriegsgefangenschaft heim. Steht plötzlich in der Tür. Vor den Kindern, denen er Angst macht. Und vor seiner Frau und seiner Schwester, die inzwischen ein lesbisches Verhältnis haben. Eine Fassbinder-Szene zwischen bedrückend und grotesk. Nur der älteste Sohn Klaus begegnet dem Vater mit Zuneigung. Jener Klaus, der später ein Schriftsteller sein wird. Der die Gisela aus gutem Haus heiratet, die sich nicht nur als bessere Autorin, sondern auch psychische Selbstmordattentäterin entpuppt. Beider gemeinsames Kind Robert wird alsbald böser Chronist und nicht selten trauriger Held dieser Familiensaga sein, in der noch einmal viele der Roehlerschen Motive Revue passieren.

Wie Déjà-vus betten die sich in die Handlung. Selbstzitate inbegriffen. Roehlers Erzählgestus ist dabei der alte. Neu aber ist, wie sich zur Radikalität besänftigend das Epische, zur Demontage (bitterböse und schmerzvoll die von Roberts Mutter; satirisch die des Zeitgeistes revolutionärer Plattitüden und sexueller Freiheit) eine Ironie der eher milden Sorte gesellt. In die hüllt die Inszenierung schützend Robert.

Gerade wenn von dessen großer Jugendliebe erzählt wird, entpuppt sich Roehler als verkappter Romantiker. Da mag man zwei Herzen in dessen Brust schlagen hören. Und vielleicht lohnt sich allein dafür schon der Besuch dieser sehr speziellen bundesdeutschen Sitten- und Familiengeschichte dreier Generationen.

D 2013, 174 min
FSK 12
Verleih: X Verleih

Genre: Drama, Familiensaga, Historie

Darsteller: Jürgen Vogel, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Kostja Ullmann, Meret Becker, Leonard Scheicher, Thomas Heinze, Sonja Kirchberger, Rolf Zacher, Steffen Wink, Erika Maroszán, Margarita Broich

Regie: Oskar Roehler

Kinostart: 14.02.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.