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Raving Iran

Beeindruckende Doku über zwei iranische Techno-DJs

Während hierzulande kaum noch jemand ernsthaft das revolutionäre Potential der Rave Culture diskutiert, sieht das anderswo ganz anders aus. Arash und Anoosh sind DJs in Teherans Underground-Technoszene, sie legen bei halbprivaten Parts auf, organisieren illegale Raves in der Wüste und haben gerade ihr erstes eigenes Album abgemischt.

Als DJs Blade & Beard bewegen sie sich im Iran konstant in der Illegalität. „Bei uns ist alles Underground!“, antworten sie der Regisseurin Susanne Meures, die die beiden Mittzwanziger für ihren Film mit der Kamera begleitet hat. Sie dokumentiert, wie die Feierfreude der beiden angesichts einer nächtlichen Polizeikontrolle schlagartig in schiere Angst umschlägt, und wie hoffnungslos ihr Versuch scheitert, ihr Album zu veröffentlichen. Beeindruckend ist dabei die Szene, in der sie im Kultusministerium vorsprechen, um eine offizielle Erlaubnis zu bekommen. Gefilmt mit einem in die Hemdtasche eingenähten Handy werden die Zuschauenden Zeuge, daß sogar die Zensoren sich für die strikten Vorgaben zu entschuldigen scheinen – bevor sie die Genehmigung ohne Wenn und Aber verweigern.

Für Arash und Anoosh ist die Konfrontation mit dem repressiven System keine Frage des Überlebens. Sie sind keine Aktivisten, sondern einfach zwei junge Männer, die nicht auf die Freiheit verzichten wollen zu leben und zu feiern, wie sie es möchten. Als sie eingeladen werden, auf der Street Parade in Zürich aufzulegen, freuen sie sich wie kleine Jungs darauf, diese Freiheit endlich zu erleben. Erst nach und nach wird ihnen klar, daß diese Einladung ihr gesamtes Leben verändern kann. Sie gibt ihnen die Möglichkeit, die islamische Republik mit ihrer Doppelmoral hinter sich zu lassen. Doch der Preis ist hoch: Zurück bleiben Freunde, Familie und eine Undergroundszene, mit der sie eng verknüpft sind. Bis zum Schluß läßt Meures offen, wie sie sich entscheiden.

RAVING IRAN ist immer dann am besten, wenn sich der Film auf die Beobachtung konzentriert. Wenn Anoosh und Arash während ihrer Zeit auf der Street Parade ungläubige Blicke austauschen angesichts staatlich organisierter Drogen-Checks und tausender leichtbekleideter Menschen, die selbstvergessen auf der Straße tanzen, dann braucht es keine Worte. Hier sprechen Blicke Bände und sagen damit mehr als jeder Kommentar.

Originaltitel: RAVING IRAN

CH 2016, 84 min
FSK 6
Verleih: Rise And Shine

Genre: Dokumentation, Musik, Polit

Regie: Susanne Regina Meures

Kinostart: 29.09.16

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.