Originaltitel: RED ARMY
USA/Rußland 2014, 85 min
FSK 0
Verleih: Weltkino
Genre: Dokumentation, Sport, Polit
Regie: Gabe Polsky
Kinostart: 29.01.15
In letzter Zeit liefen ja einige dieser sogenannten Sportdokus im Kino. Was den Sportfan eventuell gefreut haben mag, und zugleich all jenen, die ins Kino gehen, um richtiges Kino zu sehen, die Falten des Unmuts auf die Stirn trieb. Weil besagte Filme unterm Strich nicht wirklich was zu erzählen hatten, weder inhaltlich noch formal. Und weil sie, auch das spielt eine Rolle, oft von jener Schlichtheit gestrickt sind, die die fadenscheinigen Maschen jenes ebenfalls schlichten Mantras von wegen „Sport hat nichts mit Politik zu tun“ frohgemut fortspinnen. Diese Konsens stiftende Lüge also, die nicht wahrer wird dadurch, daß man sie ständig wiederholt.
Und so ist auch in dieser Hinsicht jetzt RED ARMY ein profunder und auch faszinierender Versuch, die Wahrheit zu erzählen. Die über Sport und Politik in Zeiten des Kalten Krieges und in den Zeiten danach auch. Die Wahrheit über Wjateschslaw Alexandrowitsch Fetissow, genannt Slava. Einem der besten Eishockey-Spieler aller Zeiten. Einem mit Pokerface und den Distanz schaffenden Gesten einer mal mehr, mal weniger freundlichen Arroganz. Gleich zu Beginn des Films sieht man, wie gut Slava das beherrscht. Vor laufender Kamera, gegenüber dem Fragen stellenden Regisseur Gabe Polsky (und somit gegenüber dem Publikum) performt Slava das geradezu. Mit einem Was-wißt-ihr-schon-Lächeln zum demonstrativen Hantieren am Handy samt der Antwortverweigerung mit einem lapidaren Hinweis aufs „Business“, das jetzt erst mal Vorrang habe.
Starker Einstieg. Denn was diese Doku im Fortlauf zeigen kann, ist nicht nur der Mensch Slava Fetissow hinter dieser Fassade, sondern auch, warum der diese um sich baute: Geboren 1956, gehört Slava schon als Kind zu den Talenten des sowjetischen Eishockey und ist als junger Mann bereits einer von den Stars in einer Nationalmannschaft, deren Spiel nicht selten Momente purer Eleganz und Ästhetik innewohnen. Und die zudem als geradezu unbesiegbar gilt. Bis zu den Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid, wo die Russen ausgerechnet von einer Mannschaft amerikanischer College-Spieler spektakulär geschlagen werden.
Was aber erst der eigentliche Anfang von RED ARMY ist. Einer Geschichte über den Sport und seine politische Instrumentalsierung. Über Sportsgeist und seine Deformierung mit Ideologie – oder schnödem Mammon. Und über die Mischung aus Selbstbetrug und Selbstbehauptung, mit der Sportler wie Slava darauf reagierten.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.