Leises Rascheln, hier und da ein Husten. Dann herrscht gespannte Stille und Dunkelheit in der Arena Berlin. Es ist Januar 2003 und Tausende Zuschauer werden gleich ein sensationelles Tanzstück erleben. Es spielen die Berliner Philharmoniker. Als Tänzer stehen 250 Kinder und Jugendliche auf der Bühne, die meisten von ihnen sind Laien. Schon erklingt der erste Ton, ein Mammutprojekt erlebt seine Aufführung.
Man kann es nicht anders sagen - RHYTHM IS IT! von Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch ist ein beglückender Geniestreich. Während andere Dokumentarfilmer der Aufsässigkeit und Polemik verfallen, beobachten sie sehr genau, fühlen den Akteuren auf den Zahn und berühren den Zuschauer im tiefsten Inneren. Souverän fällen die Regisseure alle Entscheidungen richtig. Chronologisch wird die Entstehung des ungewöhnlichen Vorhabens aufgerollt. Berlin wird als authentische Spielfläche etabliert, zeigt sich von seiner unwirtlichen Seite - eher sozialer Brennpunkt und Großstadtdschungel als Weltstadt.
In einer Hand die Kippe, in der anderen einen Lolli, so kommen die jungen Akteure ins Spiel, werden in Turnhallen über das Projekt aufgeklärt. Royston Maldoom und Susannah Broughton sind als Choreographen erfahren auf dem Gebiet integrativer Musikkonzepte, legen auch einen entsprechend strengen Ton an den Tag. Die fortschreitenden Tanz- und Musikproben werden immer wieder durch Interviews ergänzt. Sir Simon Rattle, Dirigent der Berliner Philharmoniker, kommt zu Wort und drei der jungen Protagonisten.
Auch hier hätte die Wahl nicht besser ausfallen können, denn Marie und Olayinka machen die Sorgen, Zweifel und kleinen Erfolge aller beteiligten Jugendlichen spürbar. Doch vor allem Martin überrollt die Zuschauer mit seiner Ehrlichkeit. Nach anfänglicher Skepsis und Zurückhaltung ist plötzlich sein Ehrgeiz geweckt, Zukunftspläne keimen. Und wenn sich in einem wunderbaren Moment erste komplette Tanzszenen andeuten, dann erzeugt RHYTHM IS IT! Gänsehaut, die bis zum großen Finale anhält.
"Versteck dich nicht, komm einfach mal raus, zeig’ was du kannst und ernte Applaus!" rappen die Wickeds zu den Anfangsbildern. Und Applaus - den wird es für diesen Film geben!
D 2004, 100 min
Verleih: Piffl
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Thomas Grube, Enrique Sánchez Lansch
Kinostart: 16.09.04
[ Roman Klink ]