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Rohtenburg

Unsinn über einen modernen Kannibalen

Rosa von Praunheim, unser Mann fürs Grobe, hat sich mit DEIN HERZ IN MEINEM HIRN schon einen Tick früher an eine Verfilmung dieser schaurigen Kannibalenmär aus der real existierenden westdeutschen Provinz gewagt. Und - da ist eben Verlaß auf uns’ Rosa - mal wieder ein berückend dilettantisches Werk vollbracht. Dem steht nun dieser neuerliche Versuch von Martin Weisz in nichts nach. Mit vielleicht dem kleinen, feinen Unterschied: Rosa hat - was selten bei ihm ist - mit richtigen Schauspielern gearbeitet, Weisz entschied sich für Thomas Kretschmann. Der spielt wie die Axt im Walde eine filmisch recht interessante Figur, den Oliver nämlich, der mit Mama zusammenlebt, sich für andere Frauen kaum interessiert und eher so als ödipal gelittene Klemmschwester durchs dörfliche Leben stolpert. Nach dem Tod der Mutter entdeckt Oliver schmuddelige Seiten im Internet, bis er dort endlich jemanden trifft, der es ernst meint. Ganz ernst, ebenso wie Oliver. Denn der adrette Simon hat sich bereit erklärt, sich erst zerstückeln und dann aufessen zu lassen ...

Der unappetitliche Rest ist zur Genüge durch die Presse gegangen, und so fragt man sich, wozu nun dieser Film? Zumal Weisz sich partout nicht um psychologisches Lot in seinem grobschlächtigen und klischeehaften Spuk schert. Um auf internationalem Kinoparkett zu reüssieren, wurde krampfhaft auf Englisch gedreht, was putzige Auswüchse kriegt: da sieht und hört man schon mal deutsche Muttis in Kittelschürze am Gartenzaun Englisch radebrechen. Diese phonetische Folter bleibt dem hiesigen Zuschauer gottlob zum Großteil sicher erspart. Dafür darf er seine Gutmütigkeit an einem derart hölzern angepappten Plot erproben, in dem eine amerikanische Studentin hysterisch durch Deutschland reist, zu Studienzwecken dem einstigen Treiben des Kannibalen so ganz analytisch auf der Spur. Und dazu immer schön was Fettes auf der Tonspur, denn es gibt quasi keinen Moment Ruhe in diesem Schauerwerk.

Immer dann - schließlich beruht der Film ja auf Wahrem - wenn Weisz Authentizität zaubern will, fährt er gefälschte Rückblenden mit allzu durchschaubarem Retrolook auf, was schon durch immer gleichartige Kratzer und lineare Laufstreifen auf dem Bild fast peinlich berührt. Den finalen Dolchstoß nimmt dem Publikum das Plakat zum Film mit fast anrührender Chuzpe ab, steht darauf doch "Manche Geschichten sollten nie erzählt werden ..."

Originaltitel: BUTTERFLY

USA/D 2005, 90 min
Verleih: Senator

Genre: Trash, Thriller

Darsteller: Thomas Kretschmann, Keri Russell, Thomas Huber, Nikolai Kinski

Regie: Martin Weisz

Kinostart: 09.03.06

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.