1980 stellte Stanley Kubrick seinen elften Spielfilm SHINING fertig. Zu der Zeit war er bereits eine lebende Legende. A CLOCKWORK ORANGE, 2001: A SPACE ODYSSEY oder DR. STRANGELOVE waren Meisterwerke und zählten bereits zu den Klassikern der Filmgeschichte. Doch Kubrick war an einem schwierigen Punkt angelangt. Er hatte die Möglichkeiten des Kinos neu definiert. Was konnte er noch machen? Sein bis dahin letzter Film BARRY LYNDON war das Werk eines gelangweilten Genies, perfekt inszeniert und wunderschön gefilmt. Aber durch und durch langweilig.
Kubrick war berühmt für umfangreiche Recherchen, tiefgründige Drehbücher und technischen Perfektionswillen. Für SHINING haben ganze Rechercheteams jahrelang gearbeitet. Letztlich sollte er es mit seiner Adaption des Stephen-King-Romans sogar ins Guinness Buch der Rekorde schaffen. Die Einstellung, in der Nicholson die Badezimmertür mit der Axt einschlägt, wurde 127mal wiederholt und ist damit bis heute die am häufigsten gedrehte Szene weltweit.
ROOM 237 widmet sich dieser Welt aus Fakten und Theorien hinter dem Horrorklassiker, der bei genauer Betrachtung eigentlich gar keiner ist. Fünf Experten eröffnen neue faszinierende Einblicke auf Kubrick selbst und seinen Film. Von glaubwürdig recherchierter Filmanalyse bis hin zu abstrusen Verschwörungstheorien ist alles dabei. Die Geschichte von SHINING als Metapher für den Genozid an den amerikanischen Ureinwohnern oder als verstecktes Geständnis der Fälschung der Mondlandungsbilder. Der Film zeigt, was Filmanalyse leisten kann, aber auch, in welche Theorien man sich verrennen kann. Der Film wertet die verschiedenen Theorien nicht, trägt sie einfach vor. Ein raffinierter Einfall von Regisseur Rodney Ascher war, die Interviewpartner nicht zu zeigen. So kann der Zuschauer nicht aufgrund des Aussehens auf den Wahrheitsgehalt schließen. Es bleiben nur die Worte, unterhaltsam unterlegt mit Bildern aus allen Kubrickfilmen. Am Ende muß jeder für sich selbst entscheiden, wo für ihn die Wahrheit liegt.
ROOM 237 zeigt, daß Film etwas ist, in das man sich vertiefen kann und sollte. Hier handelt es sich nicht nur um eine Abhandlung über Stanley Kubrick, es ist ein Film über die Möglichkeiten des Kinos, über die Weiten der Bilder und der Geschichten, über die Reichhaltigkeit, die es immer wieder aufs Neue zu entdecken gilt.
Originaltitel: ROOM 237
USA 2012, 107 min
FSK 16
Verleih: REM
Genre: Dokumentation
Regie: Rodney Ascher
Kinostart: 19.09.13
[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...