D 2020, 93 min
FSK 16
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Roadmovie

Darsteller: Emil von Schönfels, Mekyas Mulugeta, Katharina Behrens

Regie: Ilker Çatak

Kinostart: 02.09.21

6 Bewertungen

Räuberhände

So wilde Herzen

Es gibt Parallelen, keine Frage, und trotzdem sind Janik und Samuel keine Wiedergänger dieser legendären Kerle Maik und Tschick. Klar, die eigenen Eltern sind den besten Freunden voreinander auch oft peinlich, astreine Vorstellungen, was sie im Leben machen könnten, haben sie eher nicht, dafür Projekte und Ideen, irgendwas zwischen Armeedienstprovokation und echtem Handwerk. Und sie tauschen manchmal Blicke, die sie mit den Mädels nicht tauschen würden, mindestens bei einem von beiden dringt bisweilen eine Begehrlichkeit durch, die über Freundschaft hinausgeht. Man schließt beide schnell ins Herz, den rotbäckigen Blondschopf Janik und den dunkelhäutigen Wuschelkopf Samuel, so, wie es einem damals mit den Jungs aus TSCHICK erging ...

Und doch sind sie ganz eigene Typen. Älter sowieso, erfahrener auch, die Unsicherheiten sind anders gewuchtet, und sie haben auch ein anderes Reiseziel als die Walachei. Nach Istanbul soll es gehen, so frisch nach dem Abi, Samuel will dort seinen Vater treffen ... oder überhaupt erst mal kennenlernen. Nur gibt es viele Osmans in Istanbul. Bevor die beiden jedoch aufbrechen, passiert etwas sehr Eigenes, in seiner Überrumpelung auch durchaus Ungehöriges. Doch Samuel, dieses unbeirrbare Gastarbeiterkind mit dem wilden Herzen, beweist einmal mehr wahre Größe ...

RÄUBERHÄNDE ist eine hinreißende Komplizengeschichte, mit großer Wärme und in zärtlicher Ruppigkeit wird von einer unverbrüchlichen Freundschaft erzählt, von der Suche nach den eigenen Wurzeln und von den ehrlichen Momenten in der Jugend, wenn man „den ganzen Scheiß einfach hinter sich lassen“ will. Um sich vielleicht auch gleich wieder in neuen Scheiß zu stürzen. Wir als Zuschauer werden an die Hand genommen, um gleich darauf und immer wieder auf falsche Fährten gelockt zu werden. Daraus entsteht eine eigenwillige, einnehmende Spannung, man bangt, hofft und atmet durch, wenn es gottlob anders ausging ...

Mal besticht ein träumerischer Ton, wozu Feigenbäume im deutschen Schrebergarten wunderbar passen, oft übernimmt eine Sorglosigkeit, und sei es nur als Fluchtmotiv, und genau dieses herrlich kopflose, herzgesteuerte Hineinstürzen in das Leben stünde all diesen ernsten jungen Menschen da draußen gerade heute sehr gut zu Gesicht. Schlicht eine Wucht ist in jedem Fall das unverkrampfte Spiel dieser beiden wunderbaren Darsteller – Emil von Schönfels und Mekyas Mulugeta.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.