Noch keine Bewertung

Rumba

Wunderbar altmodischer Ausflug in den Kintopp

Manche Paare verstehen sich einfach ohne Worte, und man vermißt die verbalen Lückenbüßer auch nicht. Keine Angst mehr zu haben, daß einem die Gespräche ausgehen ... das ist auch entspannend für die Zuschauer. Etwas Rührend-Melancholisches haben solche Paare allerdings statt der Worte, man sieht es bei Aki Kaurismäki - aber auch schon bei Buster Keaton. Und in RUMBA? Nun, da haben das Lehrer-Pärchen Fiona und Dom eben den Rumba. Immer nach Schulschluß bereiten sie sich in der Sporthalle auf das nächste Tanzturnier vor, von dem sie stets mit einem Pokal heimkehren. Er ist übrigens Sportlehrer, sie Englischlehrerin. Und was sie unterrichtet (ab und an wird also doch gesprochen), ist nichts als der schönste Nonsens. Die Schüler lieben sie dafür. Wir auch. Alle sind also glücklich.

Bis eines schönen Tages ein bis zum Verzweifeln linkischer Selbstmörder auf der Fahrbahn steht. Das kostet ihm zwar nicht wie geplant das Leben, dafür aber Fiona ein Bein und Dom das Gedächtnis. Unverdrossen, doch unter veränderten Bedingungen kehren sie in ihren Alltag zurück. Und wie sie dort versuchen, all die Mißgeschicke zu meistern, die sich zwangsläufig und dominoartig einstellen, das ist einfach so liebevoll erzählt, daß man glatt seinen Glauben an die Menschheit zurückgewinnt - wohlgemerkt als eine Spezies, die sich durch Zerbrechlichkeit und geduldiges Ertragen des Schicksals auszeichnet.

Hier ist mal wieder ein Film, der mit geradezu altmodischem Charme aus dem perfektionierten Naturalismus heutiger Kinofilme ausreißt. RUMBA erzählt mit einfachen filmischen Mitteln und mit viel Körpersprache, wie einst Buster Keaton oder Jacques Tati. Die abgelegene Küsten-Szenerie läßt an Tatis DIE FERIEN DES MONSIEUR HULOT denken und die wundervolle Szene, in der Fiona und Dom sich auf dem Weg zum Turnier im Auto umziehen, teilweise nur noch mit den Füßen am Steuer, an Keatons furiose Umkleidekabinen-Szene in DER KAMERAMANN. Wie Keaton kommen die Darsteller und Mitregisseure Fiona Gordon und Philippe Martz übrigens vom Varieté.

Abgerundet wird der Film durch viele hübsche Details, etwa wenn der Selbstmörder kurz vor dem vermeintlichen Aufprall mit dem Auto noch überlegt, ob er eine Schnecke von der Fahrbahn retten soll. Ein Kleinod von einem Film.

Originaltitel: RUMBA

Belgien/F 2008, 77 min
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie

Darsteller: Fiona Gordon, Dominique Abel, Philippe Martz

Regie: Bruno Romy, Dominique Abel, Fiona Gordon

Kinostart: 20.11.08

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...