Österreich 2016, 91 min
FSK 12
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Regie: Ulrich Seidl

Kinostart: 08.12.16

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Safari

Seidls Welt in Afrika

Zu Beginn bläst ein Jäger ins Horn. Wie drapiert vor einem Stück mitteleuropäischen (das heißt hier: österreichischen) Waldes, trötet der Kerl ein launiges Halali. Gleichsam ein Gruß an die Landsleute und Jagdkameraden (und ums nicht zu vergessen: Kameradinnen), die im fernen Südafrika und Namibia auf Pirsch sind. Die als Jagdtouristen also Jagd machen auf Zebra, Gnu, Giraffe oder Impala. Die mit geschulterten Büchsen und in Outfits, die mindestens so zweckmäßig sind, wie sie mitunter pittoresk wirken, durch die Savannen stapfen und voller gelegentlich schon libidinöser Lust dem finalen Schuß entgegenfiebern.

SAFARI ist ein „Urlaubsfilm über das Töten.“ So jedenfalls brachte es Regisseur Ulrich Seidl in seiner unvergleichlichen Weise auf den Punkt. Und trifft den wunden Nerv allein schon damit, wie er die doch recht dimetralen Komponenten „Urlaub“ und „Töten“ innerhalb eines Halbsatzes glücklich liiert. Womit klar sein dürfte, was SAFARI dann tatsächlich und vor allem anderen ist: Eben eine weitere Seidl-Exkursion ins verdrängte Unbehagen, hin zu den Wurzelsträngen besagter „wunder Nerven.“ Eine Beobachtung westlicher Mentalitätsstrukturen in ihrer österreichischen Spezifika. Deren Untiefen sich just beim Jagdurlaub im fernen Afrika aufs Klarste konturieren. Und das ganz und gar kommentarlos.

Hier spricht Bild für Bild für sich – und immer Bände. Nah dran mit der mobilen Kamera ist man da bei der Jagd. Das heißt: an den Jägern und Jägerinnen. Was man sieht (und vielleicht sogar begreift) sind die Erregungskurven von weißen Wohlstandsbürgern im atavistischen Rausch. Nur, daß das Töten hier ganz und gar ein Mechanismus des Sportiven ist. So wie das Posieren mit dem toten Tier, die absurden Posen des Stolzes fürs Erinnerungsfoto, dem Ritual einer Siegerehrung ähneln.

Daß die Trophäe dann von schwarzen, lokalen Hilfskräften abtransportiert und zerlegt wird, versteht sich von selbst. Und in dem nüchternen Selbstverständnis, in dem Seidl das zeigt, offenbart sich ganz nebenher dann auch Grundlegendes darüber, wie etwa Neokolonialismus nach wie vor funktioniert: selbstverständlich eben. Das so zu zeigen, wie es Seidl zeigt, ist wirksamer, erhellender als jede moralisierende Polemik. Gilt auch für die im dramaturgisch effektvollen Kontrast zu den fiebrigen Jagdbildern montierten Statements der Jagdtouristen. Wie fixiert erscheinen die in Bildkompositionen statischer Strenge. Wenn man so will: wie in einem Fadenkreuz. Seidl zielt – und trifft tief.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.