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Satte Farben vor Schwarz

Wenn die Liebe schweigt

Zwar kommt das Beste gewohnheitsmäßig am Schluß, aber manchmal darf man trotzdem mit einem Lob beginnen: In Zeiten zunehmender Kommerzialisierung auch des deutschen Kinos und schrecklichen Einfällen wie dem, Katja Riemann in einem Film fünf Rollen spielen zu lassen, verlangt es Mut, SATTE FARBEN VOR SCHWARZ überhaupt gedreht zu haben. Schon allein wegen der schwierigen Geschichte.

Wir lernen also Anita und Fred kennen, etwa 50 Jahre verheiratet und bislang glücklich. Doch seit einiger Zeit zieht sich Fred nun zurück, will „Freiräume“, mietet eine Wohnung, obwohl die heimische Villa ausreichend Platz bietet. Anita weiß nicht weiter, bis sie erfährt, daß ihr Mann an Krebs erkrankt ist. Gegenüber den Kindern schweigt man rücksichtsvoll und wahrt die heile Welt, aber der Konflikt bleibt bestehen. Schließlich hält Anita die Situation nicht mehr aus und packt ihre Koffer ...

Positiv anzurechnen wäre dabei dem Drehbuch, wie behutsam es Dialoge einstreut, Ängste und Schmerz nicht zerredet, so daß häufig Schweigen regiert – logisch, weil es für Sprachlosigkeit, vielleicht Verdrängung steht. Sämtliche Darsteller danken solche Verbalfreiheit durch starke Leistungen, allen voran Senta Berger, zumindest dann, wenn sie (würdevoll zu jeder Falte stehend und genau deshalb so ausdrucksvoll wie schön) doch nicht zwischendrin mal wieder darauf hinweisen muß, eine „alte Frau“ zu sein. Berger dominiert das Geschehen und spielt selbst über die statische Kameraführung im Stile eines TV-Romans hinweg, welche leider wenig dazu beiträgt, Atmosphäre aufzubauen. Was ausgleichend eine ganz wunderbare Musikuntermalung übernimmt.

Wirklich problematisch, gerade im Kontext der Handlung, erscheinen allerdings die letzten Minuten. Klar versteht man, was Regisseurin und Co-Autorin Sophie Heldman mit ihrer Schlußsequenz aussagen möchte, natürlich beeindrucken grundsätzlich die Reife sowie Konsequenz eines so jungen Geistes, und zweifellos verfehlt dieses Ende seine Wirkung nicht. Bei genauer Betrachtung wird man aber das Gefühl kaum los, Heldman nähme nur wegen der Funktion als Finale etwas vorweg, was noch manche Wochen, Monate oder gar viele Jahre Zeit – hier vor allem für die Liebe zweier Menschen, welche einander eben erst wieder finden konnten – gehabt hätte. Und da macht sich dann im Nachgang statt Rührung leider schon fast Nihilismus breit.

D/CH 2009, 85 min
FSK 0
Verleih: Farbfilm

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Senta Berger, Bruno Ganz, Barnaby Metschurat, Carina Wiese, Leonie Benesch

Regie: Sophie Heldman

Kinostart: 20.01.11

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...