Originaltitel: SAW X
USA 2023, 119 min
FSK 18
Verleih: StudioCanal
Genre: Horror, Killer
Darsteller: Tobin Bell, Shawnee Smith, Michael Beach
Regie: Kevin Greutert
Kinostart: 30.11.23
Tatsache, SAW läßt sich immer noch gut sehen; zumindest, sofern wir vom damals revolutionären Original reden. Das ihm Angeschlossene beurteile jeder individuell, mit SAW 3D – VOLLENDUNG war das Ding prinzipiell ausgestanden, alle mehr oder zunehmend weniger spannenden Fragen beantwortet, bereits im Titel verewigter Technik-Unfug inklusive. Leider gab der Cash Cow andauernd dröhnendes Muhen keine Ruhe, blökte JIGSAW, später den unsäglichen SAW: SPIRAL herbei, jetzt ist wieder Melkrunde. Und aus derart lange geronnener Milch mußte ja Käse werden.
Die dürre Handlung betreffend, positioniert sie sich zwischen Teil 1 und 2: John Kramer aka Jigsaw erfährt von einer experimentellen Krebs-Therapie, kostspielig, aber bahnbrechend wirkend. Er reist gen Mexiko, das dort absolvierte Heilverfahren dient indes lediglich fieser Abzocke, was sämtliche involvierten Betrüger bald bereuen. Nun mag es analytische Geister zunächst verwundern, wie es Kramer gelingt, irgendwo mitten in der Pampa binnen kurzem ein komplexes System mechanischer Fallen, Rohrbomben, großformatig-tonnenschwerer Folterinstrumente zu basteln. Vielleicht hat ja Amanda tatkräftig angepackt, deren rein optisch kaum rauschendes, sondern eher chirurgisch gepimptes Comeback gleichfalls auf der Agenda steht?! Bis es dazu kommt, ist selten, gar nimmer Gebotenes zu bestaunen: Außenaufnahmen! Sonne! Tolle Landschaft! Mexiko scheint einen Besuch wert, unterstreichend komponiert Charlie Clouser statt kühler Elektroklänge warme Melancholie, etwas aufdringlich gewiß, doch wer will kleinlich sein, während Kramer (analog dick gemalte) menschliche Züge trägt. Eine wohl aus Dranbleiben-Gründen ziemlich nachlässig reingesetzte erste Bestrafung entpuppt sich derweil als Roter Hering.
Bloß temporär allerdings, selbstverständlich soll endlich Blut fließen, die mittels klassischer Elemente, wie einsames Geläuf durch gigantische Luxusbuden, geradezu altmodisch aufgebaute Spannung wegschwemmen, sichtliches Bemühen zeigen, da richtig hemmungslos abzuliefern. Natürlich neigte das Franchise nie zur Zimperlichkeit, sicherlich spielte Zeit beim brutalen Retten der tödlich bedrohten Haut ständig eine Rolle. Trotzdem zündet Vom-Cutter-zum-Regisseur Kevin Greutert eine neue Eskalationsstufe, indem Opfer nach erfolgreicher – und speziell in einem Fall auch Genrefans den Magen hebender – Eigenverstümmelung nichts tun können außer warten, Blick auf die runtertickende (Lebens-)Uhr, um schließlich zu begreifen: ein, zwei Sekunden zu langsam gesägt, geschnitten, gerissen, der letztlich unnütz erlittenen körperlichen folgt die psychische Qual. Unverhohlener denn je grinsender Selbstzweck in der Gewalt, perfidester Zynismus. Und ach, wo wir grade so viel sadistischen Spaß haben, warum nicht zusätzlich eine Leiche schänden?! Klar, auf 3 gern formschön das Gedärm rausgerupft, 1 … 2 … 3! Daß die anderen, häufig deutlich harmloseren Fortsetzungen hiesig oft Freigabeprobleme plagten, wogegen solches Gekröse heutzutage gänzlich locker die FSK passiert, sagt entweder einiges darüber aus, was der vorgeblich jugendschützende Verein real für eine Würfelbude ist. Oder die These, laut derer Horrorfilme zum Spiegel ihrer respektiven Entstehungsjahre taugen, trifft eben gallig verdreht zu: grell veräußert herumbrüllend, drinnen aber total abgestumpft.
Parallel schafft es SAW X unglaublicherweise, das bisher eh schon facettenlose Frauenbild – die beteiligten Damen waren ja, eventuell abgesehen von Allison Kerry und mit Abstrichen Jill Tuck, stets schwächliche Zielscheiben/dumme Trinen/Soziopathinnen – nochmals krakeliger zu zeichnen. Auftritt Dr. Cecilia Pederson, ein eisiger Höllenengel bar jeglicher Emotion, eine vor Kindern nicht zurückschreckende Killerin, insgesamt eine zwar glänzend gemimte, dennoch lächerliche, weil völlig facettenfreie, Karikatur des absolut Bösen. Welche jedoch, diabolische Intelligenz hin oder her, daran scheitert, Jigsaws Plan zu durchschauen; ihr darf darum ein Nebendarsteller alias kluger Mann Verdächtiges offenbaren. Schlimmer geht’s dann nur, wenn im Abspann ein Cameo weitere Wiedergänger ankündigt …
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...