Originaltitel: ON EST FAIT POUR S’ENTENDRE
F 2021, 94 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen
Genre: Tragikomödie, Romantik
Darsteller: Sandrine Kiberlain, François Berléand, Pascal Elbé, Emmanuelle Devos
Regie: Pascal Elbé
Kinostart: 23.06.22
Und zack! Aus heiterem Himmel knirscht Antoines Beziehungsstatus auf „Single“ zu. Weil er der (nur angeblich?) Angebeteten nicht zugehört hat. Kein unbekannter Vorwurf in Paarkonstellationen, hier freilich unfair, denn Antoine tat sicher sein Möglichstes, doch, wenn man fast taub ist … Andererseits müßte der Lehrer dies nicht konsequent ausblenden. Dann beschwerten sich Schüler vermutlich weniger oft über Wahrnehmungsmängel, zudem würde Nachbarin Claire seltener – aus Antoines Perspektive gottlob stark gedämpft – zickig zeternd brüllende Musik oder wortwörtlich endlosen Weckerlärm anmarkern. Erfahrene Zuschauer riechen nun sofort einen frühen Braten, in der Kinogeschichte fanden Hund und Katz nach garstigem Gezänk bekanntlich häufig ein finales gemeinsames Körbchen. Allerdings geht es nicht drum, wer am Ende mit wem kuschelt, der von Hindernissen gespickte Weg stellt das Ziel lediglich in klare Aussicht und lädt zum Trip durch labyrinthische Humanwelten.
Die Reiseleitung teilen sich Claire und Antoine in ungewöhnlicher Ausgewogenheit: Während die wohlmeinende Schwester ihr, der vom Schicksal gebrandmarkten Viel-zu-jung-schon-Witwe, ungebeten einen Langweiler vorsetzt, welchen die versierte Zynikerin vergrault, kämpft er gegen die mittels technischer Hilfe „gewonnene“ akustische Aufdringlichkeit und darin kaum ignorierbare Informationen. Claires seit Papas Tod verstummte Tochter gerät zum Bindeglied beider verkratzter Seelenketten, Antoines demente Mutter trägt mehr bei als nur verwirrte Aggression, und aus der vermeintlichen Romantikomödie schält sich etwas ungleich Kantigeres, punktuell regelrecht Sardonisches, bis ein quietschender Lift zu trennen versucht, was sich erst langsam, schließlich aber irritierend überhastet fand. Solche Holperei sei entschuldigt, da normal scheinende Menschen straucheln, hoffen, zaudern – auch auf die Besetzung Sandrine Kiberlains zurückzuführen, die mal wieder wirkt, als ziehe sie sympathischerweise Burgerbuden roten Teppichen vor.
Davon angesprochen fühlen darf sich jeder, der über Augen zu sehen, Ohren zu hören und den Willen zu reden verfügt. Oder den dringlichen Wunsch verspürt, zumindest manchmal vorübergehend das Leben – und mit ihm omnipräsent-penetrantes Gesülz – einfach abschalten zu können. Wie ein Hörgerät eben.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...