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Schnitzelparadies

Leckeres vom Schwein, Kulturenchaos und die große Liebe

Mal ehrlich: Haben Sie Vorurteile? Gegenüber Holländern vielleicht? Speziell in Sachen Drogenkonsum und so? Ja?! Dann dürfen Sie sich über die Bestätigung besagter Stereotypen freuen, wenn Ihr nächster Kinogang ins SCHNITZELPARADIES führt, denn allein schon der reichlich surreale Vorspann wirkt, als hätten die Verantwortlichen nicht nur einen Joint zu viel geraucht. Und tatsächlich geht es zumindest anfangs ähnlich durchgeknallt weiter.

Wir lernen den jungen Nordip kennen, gesegnet mit einem perfekten Abschlußzeugnis, gestraft mit einem Vater, welcher dieses zum Anlaß nimmt, seinen Sohn zum Medizinstudium zu verdonnern. Doch Nordip will eigene Wege gehen und bewirbt sich deshalb im "Blauen Geier", dem abgewracktesten Restaurant am Platz. Da die Chefin ad hoc seinem virilen Charme verfällt, darf er tatsächlich als Tellerwäscher jobben – inmitten finsterer Serben, arbeitsverweigender Marokkaner, Türken auf Friedensmission und dem intriganten Vize. Jeder Tag eine Schlacht, jedes Schnitzel ein Brett, jeder erfolgreich gespülte Teller ein Sieg. Nordip würde nur zu bald wieder kündigen, doch die süße Kellnerin Agnes hat ihm völlig den Kopf verdreht und harrt ihrer Eroberung. Was nun?

Romeo und Julia zwischen Bratfett und Kulturenchaos – an sich eine wirklich hübsche Idee. Den fast völligen Verzicht auf eh überflüssige Handlung kann man dabei kaum bemängeln, weil immerhin in der ersten Hälfte brüllkomische Gags, rasantes Timing, grenzdebile Kamerafahrten, genial besetzte Darsteller sowie musikalische Untermalung am Rande der Dissonanz gar keine Zeit zum Kritisieren geben – alles vergeht wie im Flug.

Später bleibt dem wahnwitzigen Ritt allerdings deutlich die Puste weg, dreht sich der Witz mit zunehmenden Wiederholungen um sich selbst, zumal der dann folgende Wechsel zu zwischenmenschlichen Problemen nicht recht passen mag, auf Dauer sogar nervt. Es scheint, als hätten Regie und Buch unbedingt noch etwas (Pseudo-)Moral unterheben wollen. Was ebenso ehrenwert wie unnötig ist und aus einem anfänglichen Genußmittel letztlich doch bloß Standardkost vom cineastischen Schnellimbiß macht.

Originaltitel: HET SCHNITZELPARADIJS

NL 2005, 82 min
Verleih: Kool

Genre: Komödie

Darsteller: Mounir Valentyn, Bracha van Doesburgh, Mimoun Oaissa, Tygo Gernandt, Yahya Gaeir

Regie: Martin Koolhoven

Kinostart: 15.03.07

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...