D 2019, 79 min
FSK 6
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Annekatrin Hendel

Kinostart: 05.12.19

1 Bewertung

Schönheit & Vergänglichkeit

Dunkelkammer für finstere Gestalten

Eines der Highlights aus dem Kinojahr 2015 war die Schnipseljagd B-MOVIE. Da wurde deutlich: Die Spreemetropole glich durch Blixa Bargeld, Christiane F. und Nick Cave einer Popkultur-Oase sondergleichen und muß es noch immer sein. Natürlich galt das zur Zeit der deutsch-deutschen Teilung nur für jenen Teil der Stadt, von dem aus die Mauer bunt aussah. Doch hoppla, weit gefehlt, einige wissen es sicher besser und sind mit der kleinen, aber ausgeprägten DDR-Punkszene vertraut.

Das gilt auch für die Regisseurin Annekatrin Hendel, denn sie kennt den Porträt-Fotografen und nebenbei auch weltbekannten Berghain-Türsteher Sven Marquardt. Ihre Dokumentation SCHÖNHEIT & VERGÄNGLICHKEIT ist gleichsam ein Blick in die Vergangenheit und auf das heutige künstlerische Schaffen der Ost-Berliner Punk-Ikone. Diese erleben wir als einen gar nicht mal so „harten“ Lichtbildner, der die Persönlichkeit seiner Modelle mittels Objektiv und Auslöser freizulegen weiß. Dominique Hollenstein etwa stand schon in den 80ern nackt, schön und selbstbewußt vor Marquardts Linse und wird vom Film ausführlich porträtiert. Ebenso Robert Paris. Auch er ist Fotograf, doch statt Gesichtern eher urbanen Realitäten zugetan – einst Ost-Berliner Ruinen, heute indischen Straßen.

Daß das widerspruchsbehaftete Leben in der DDR ein thematisches Heimspiel für Hendel ist, bewies sie schon im letzten Jahr mit FAMILIE BRASCH, der Buddenbrooksschen wahren Erzählung über eine Ost-Künstlerdynastie. SCHÖNHEIT & VERGÄNGLICHKEIT zeigt nun einen Punk, der zwar unter Repressionen gestanden haben mag, in erstaunlichem Maße aber trotzdem zu Entfaltung fand. So interessant dieses Kapitel DDR-Geschichte auch war, so stark die Arbeiten, sowohl von Marquardt als auch von Paris, sein mögen – diese Dokumentation nimmt doch eher ein sehr spezielles Publikum in den Fokus.

Zweifelsohne: Fotografie-Filme können von allgemeingültigem Reiz sein, siehe FINDING VIVIAN MAIER oder DAS SALZ DER ERDE. Hier jedoch hätte es etwas mehr Musik sein dürfen, denn die Knipser-Sessions geraten ein wenig zu redundant. Die Diskrepanz zwischen Foto und Bewegtbild-Erlebnis wurde schon mal spannender überwunden. Abgedroschener ausgedrückt: ein Film, eher für die, die’s bereits interessiert.

[ Hieronymus Hölzig ]