Was im Titel nach Schlachtruf klingt, kommt im Film milder daher. Ein Glück, denn geht es hier doch vor allem um Leidenschaft. Und Ehrlichkeit. Und familiären Zusammenhang. Und Solidarität sowieso. Nun, das ist nicht grad’ wenig, doch Max Zähle kriegt das in seinem Kinodebüt gut zusammen, und gottlob geriet das nicht zur Anleitung für Gutmenschelei, im Gegenteil: SCHROTTEN! ist eine kantige Komödie mit dem Herzen am rechten Fleck, die von schrägen Käuzen und skurrilen Kerlen erzählt.
Und davon gibt es hier wahrlich eine Menge: Letscho, Träumchen, Rambo oder einfach nur der Schmied – die Namen lassen keine Zweifel, die Typen heißen so, wie sie aussehen. Und sie sind allesamt in der Schrottbranche tätig, ein heiß umkämpftes Feld. Nach dem Tod des Familienoberhaupts müssen sich die Talhammers umso wehrhafter gegen die aggressiven Übernahmeversuche des Schrottmoguls Kercher behaupten. Nur einer fällt aus dem Rahmen. Schlipsträger, Oldtimerfahrer, Versicherungsaufquatscher – Mirko Talhammer hat sich beizeiten von der eigenwilligen Sippe losgesagt. Aber in harten Zeiten, in denen sich auf der einen Seite spontane Finanzklammheit durch ein zusammenbrechendes Schneeballsystem und auf der anderen ein zu teilendes Erbe geradezu magnetisch anziehen, gilt das Sprichwort vom dicken Blut einmal mehr. Und nach einigem brüderlichen Säbelrasseln und herrlich unmißverständlichen Parolen, nach welcher ein Talhammer nicht geschubst wird, sondern schubst, sitzt der feine Pinkel Mirko bald neben seinem Bruder Letscho im auch schon angezählten Iveco Zeta ...
Zähles Film verströmt nicht nur durch die authentischen Typen Milieugeruch, er taucht schon ein ordentliches Stück in den alles andere als leichten Schrotteralltag ein, geradezu liebevoll zelebriert er den Hoffnungstraum vom Lohn der ehrlichen Arbeit. Daß diese in Bedrängnis gerät in Zeiten, wo es nichts mehr auf die Kralle gibt, ist in SCHROTTEN! alles andere als ein Widerspruch. Manchmal muß man die Menschen einfach lassen, schwingt als entspannte Botschaft durch den Film, und daß die „Kleinen“ Kante zeigen können, werden Übernahmefetischisten wie Kercher deutlich spüren.
David gegen Goliath, Feingeistigkeit gegen „Lieber tot als Sklave“-Attitüde – es sind allerhand Grabenkämpfe zu bestehen, in einem mal groben, mit an Bud Spencer gemahnenden Kopfnüssen gespickten und mal feinsinnig-melancholischen Lachstück, daß mit dem irgendwie hirnrissigen, aber auch brüllkomischen Klau eines kupferbeladenen Waggons sogar reichlich Olsenbande-Charme versprüht.
D 2015, 96 min
FSK 6
Verleih: Port au Prince
Genre: Komödie
Darsteller: Lucas Gregorowicz, Frederick Lau, Lars Rudolph, Heiko Pinkowski, Jan-Gregor Kemp
Regie: Max Zähle
Kinostart: 05.05.16
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.