D 2003, 110 min
Verleih: UIP
Genre: Tragikomödie, Roadmovie
Darsteller: Horst Krause, Harald Warmbrunn, Karl-Fred Müller
Regie: Michael Schorr
Kinostart: 22.04.04
Von jetzt an hat Deutschland einen Helden, der so wortkarg ist wie die spracharmen Einzelgänger bei Kaurismäki. Eines der wenigen Worte, die er sagt, ist: "Schultze". So heißt er nämlich. Dazu lüftet der phlegmatische Dicke seinen Knautschhut, und im Kino darf mal wieder gelacht werden, zumindest ordentlich geschmunzelt. Dieser Running-Gag funktioniert bis zum Ende.
Bis jetzt spielte sich Schultzes Junggesellendasein in einem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt quasi zwischen Zeche und Zeche ab, Bergbau und Kneipe. Die Laube gleich neben dem riesigen Kali-Abraumberg, das Angeln und die Polka gibt es auch noch. Doch nun müssen er und seine Kumpane in Frührente. Während sich Jürgen und Manfred mit viel Geschnacke und Gezanke dem Alltag ergeben, passiert mit Schultze eine aufregende Veränderung. Ein Blues-Song im Radio rührt ihn wie der Donnerschlag. Der Musikverein "Harmonie e.V." ist zwar nicht so begeistert von der "Negermusik", die er von nun an seinem Akkordeon entlockt, schickt ihn aber als Repräsentanten in die texanische Partnerstadt. Daß dort auch bloß deutsche Volksmusik geträllert wird, kann Schultze nicht beirren. Er kapert ein kleines Boot und tuckert los. Was folgt, ist eine herrlich-schräge Odyssee durch die Flüsse und Sümpfe Louisianas, auf der Suche nach der feurigen Südstaatenmusik.
Auch Regisseur Michael Schorr läßt sich nicht beirren. Ein ausgewogenes Verhältnis von Spannung und Länge läßt ihn kalt. Er paßt sich ganz dem Tempo und dem Gemüt seines Helden an, und das heißt: Mut zur Langsamkeit. Aus formalen Gründen sei ebenfalls erwähnt, daß der Film so ziemlich in zwei Hälften zerfällt: die Geschichte eines Mannes, der einen Neuanfang wagt, und die Boots-Version eines Road-Movies. Schultze, der als Figur fest in der Brandung steht, hält jedoch beide Teile zusammen. Vieles erklärt sich auch durch den dokumentarischen Ansatz des Films. Die freimütig genommene Zeit schenkt er Land und Leuten, die diesseits und jenseits des großen Teiches als Laiendarsteller in der Geschichte mitwirkten. Ein schöner Genre-Mix, mit Liebe und sprödem Humor verfertigt. Endlich wissen wir, daß das Südstaaten-Rentnerdasein sich von dem in Ostdeutschland nicht wirklich unterscheidet.
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...