Der Export isländischer Popmusik boomt. Im Windschatten der Progressive-Pop-Giganten Björk und Sigur Rós schaffen es immer mehr Bands von der Insel, deren Landschaften jedes Geologen feuchter Traum sind, auf internationale Bühnen. Eine Verschrobenheit wohnt den musikalischen Ergüssen der isländischen Musikstars inne, eine faszinierende Mischung aus Traditionsverbundenheit und Drang zum progressiven Ausbruch kennzeichnet viele der Rock-, Elektro- und Popacts. Der Dokumentarfilmer Ari Alexander Ergis Magnússon ist der Frage auf den Grund gegangen, was die gegenwärtige isländische Musikszene zu etwas so Besonderem macht.
Magnússon beginnt mit vogelperspektivischen Aufnahmen von Islands zerklüfteten, eisbedeckten Küsten. Vom Land geht bei ihm alles aus. Bezug wird genommen auf die Verse, die einst die alten Wikinger in Stein schlugen, auf den prägenden Rhythmus der Sprache, dem die Musik so viel zu verdanken hat. Vom Urschleim springen wir in die atmosphärischen Bilder und Klänge eines Sigur-Rós-Konzerts, wo klassische und moderne Instrumente in eindrucksvollen Klangteppichen miteinander verschmelzen. Traumwandlerische Live-Aufnahmen wechseln sich fortan ab mit Interviews mehr oder minder redseliger Musikgrößen (Björk, Damon Albarn) und -zwergen (Nilfisk), dazwischen immer wieder Impressionen des musikalisch vielseitigen Nachtlebens in Reykjavík und Umland.
Ob Magnússon dabei die große Antwort auf die Frage nach dem Geheimnis des isländischen Musikerfolgs findet, wird einem schnell egal, man läßt sich einfach mittreiben auf den Erkundungen dieser so inspirierenden Insel. Inhaltlich am interessantesten gestalten sich die Interviews mit Islands gegenwärtig wohl berühmtester Tochter Björk. Für sie ist die isländische Musik geboren aus der Liebe zum Land, sie sieht einen eigentümlichen Patriotismus als eine Art Ersatzreligion auf Island, die Lieder von dort als individuelle Varianten einer Nationalhymne.
Wenn sich Heimatliebesbekundungen derartig sinnlich gestalten wie es in den sich anschließenden, finalen Aufnahmen vom grandiosen Sigur-Rós-Konzert aus New York der Fall ist, vergeht einem doch glatt jeder Drang zur obligatorischen Nationalismusdebatte. Hoch soll es leben, dieses Island, diese perlenschleudernde Muschel der Popmusik.
Originaltitel: GARGANDI SNILLD
Island/DK/Niederlande 2005, 87 min
Verleih: Epix
Genre: Dokumentation, Musik
Darsteller: Björk, Sigur Rós, Damon Albarn, Dagur Kári, Fridrik Thor Fridriksson
Stab:
Regie: Ari Alexander, Ergis Magnússon
Drehbuch: Ari Alexander, Ergis Magnússon
Kinostart: 18.12.08
[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...