Originaltitel: SHINE A LIGHT
USA 2007, 120 min
Verleih: Kinowelt
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Martin Scorsese
Kinostart: 03.04.08
Wer sich Martin Scorseses Stones-Doku SHINE A LIGHT ansehen will, dem sollte eins vorher klar sein: mit RocknRoll hat das alles nichts zu tun. Weder die Stones, die mit beängstigender Präzision ihre Show abspulen, noch der Regisseur überlassen irgendwas dem Zufall. Jede Geste ist gewollt, jede Kameraeinstellung vorher aufs Genaueste geplant, das Timing der Bühnenshow minutiös festgelegt. Hier machen fünf ältere Herren ihren Job - mit all der Präzision und Pedanterie, die älteren Herren eben eigen ist.
Nicht von ungefähr dreht sich der einzige Konflikt, der kurz durchschimmert, darum, daß beide Parteien auf ihrer eigenen Ordnung bestehen. Die Herren Musiker sehen es absolut nicht ein, sich bezüglich ihrer Bühnenshow nach den Vorgaben des Regisseurs zu richten. Und Scorsese, der sich in der ersten Viertelstunde erstmal ausgiebig selbst ins Bild setzt, wollte ganz offensichtlich mit seinen 16 (!) Kameramännern keinen Dokumentarfilm drehen, sondern ein perfekt ausgeleuchtetes Hochglanzvideo produzieren. Am liebsten hätte er nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überlassen. Das Ergebnis ist folgerichtig und streng genommen kein Dokumentarfilm, sondern ein ziemlich teuer produzierter Konzertmitschnitt.
Hätte Scorsese wenigstens eine der vielen Kameras dafür verwendet, die Stones auch mal zu Wort kommen zu lassen, dann würde man vielleicht auch ein bißchen mehr darüber erfahren, wie das eigentlich so ist, wenn man seit 40 Jahren als Sexsymbol in engen Jeans über die Bühnen der Welt hüpft (Mick Jagger), pro Konzert mindestens dreimal auf die rheumatischen Knie zu sinken hat (Keith Richards), ewig nur die zweite Geige beziehungsweise Gitarre spielt (Ron Woods) oder auf die Paraderolle des wortkargen Drummers festgenagelt ist (Charlie Watts). Ganz zu schweigen davon, ob sich die Herren nach über 40 Jahren überhaupt noch riechen können und wie sie damit umgehen, daß sie sich längst vom Bürgerschreck zu Animateuren für saturierte Salonanarchisten gewandelt haben.
All das erfährt man nicht, denn Scorsese will es nicht wissen. Ihm - dem Fan - geht es um kritiklose Bewunderung. Wem das zu wenig ist, der sollte um SHINE A LIGHT einen großen Bogen machen.
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.