D/GB 2018, 75 min
FSK 0
Verleih: REM

Genre: Dokumentation, Biographie, Musik

Regie: Philipp Jedicke

Kinostart: 20.09.18

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Shut Up And Play The Piano

Gerahmt und gebändigt

Bürgerlich heißt er Jason Beck, bekannt ist er unter seinem Künstlernamen Chilly Gonzales. Vollblutmusiker, Pianist, Entertainer, Exzentriker. Kanadier außerdem. Wie Glenn Gould, könnte man sagen. In jedem Fall ein Typ, der zu bersten scheint vor Charisma, und vor Selbstbewußtsein durchaus auch. Über und mit so jemandem einen Film zu drehen, kann eigentlich kaum schiefgehen. Oder muß zwangsläufig unter den Erwartungen bleiben. Denn Chilly Gonzales in einem Porträt-Rahmen zu bändigen, ihn in eine narrative Form zu pressen, läuft im Prinzip allem entgegen, was den Kerl als Künstler und Kunstfigur auszeichnet: die Formenwandlung, das Aus-dem-Rahmen-Fallen nämlich. Regisseur Philipp Jedicke versuchte sich jetzt dennoch an dieser Bändigung. Gemeinsam mit der Autorin Sibylle Berg als Dompteuse.

Die sitzt in SHUT UP AND PLAY THE PIANO dann tatsächlich auch einem freundlich gut aufgelegten Chilly Gonzales gegenüber und stellt ihm gleichsam als Stichwortgeberin jene Fragen, zu denen der Musiker dann eben seine freundlich gut aufgelegten Antworten gibt, die der Film seinerseits dann wiederum mit allerhand Originalaufnahmen illustrierend begleitet.

Die Kindheit in Montreal als Sohn eines erfolgreichen Bauunternehmers, die ersten musikalischen Versuche gemeinsam mit Bruder Christophe, heute renommierter Filmkomponist, die herrlich durchgeknallten frühen Tage mit Peaches, Leslie Feist, Mocky. Das wüste musikalische Œuvre, seine Wandlungen und Verschmelzungen, angefangen bei Electroclash und Trash-Rap, hin zu Klassik, Jazz und Pop. Man hört und sieht das und sagt sich, daß es vielleicht seit einem Typen wie Frank Zappa keinen mehr gab, der so intelligent exaltiert „musikalische Müllskulpturen“ (Zappa) baute wie jetzt Chilly Gonzales. Ein schönes Konglomerat der Stile, dessen Fugen allemal mit dem Kitt der Ironie verfügt sind. Dem der Selbstironie übrigens auch.

Denn ein „so richtiges“ musikalisches Genie, sagen wir, wie Gould oder Zappa, ist der Mann eher nicht. Aber was Genialisches hat sein in großer Zampano-Geste zelebriertes Eklektizismus-Entertainment in jedem Fall. Auch deshalb mag einem beim Anschauen des Films, der alles andere als schiefging und dabei dennoch erwartungsgemäß unter den Erwartungen bleibt, irgendwann tatsächlich der Wunsch ankommen: SHUT UP AND PLAY THE PIANO!

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.