Originaltitel: YT
Rußland 2021, 103 min
Verleih: Cine Global
Genre: Komödie, Schräg
Darsteller: Innokentiy Lukovtsev, Sergei Balanov, Alexey Mikhailov
Regie: Stepan Burnashev, Dmitry Davydov
Kinostart: 15.12.22
Aggression brodelt in den Häusern. Wände bieten keinen Schutz mehr, um sie zu verbergen. Die Kamera treibt in einem jakutischen Dorf ihr Unwesen. Lauernd, verfolgend, entlarvend. Figuren tauchen auf, treten ab, Wege kreuzen sich. Mal hier, mal dort beobachtet dieser Film das tägliche Miteinander in der Abgeschiedenheit. Kinder spielen mit einer Waffe, Erwachsene streiten über Wahlen, Geld, Grundstücke. Grenzen werden im wahrsten Sinne gezogen und verschoben. Ein Gefühl von Beherrschung inmitten der weitwinklig abgefilmten Einöde. Herr Nachbar baut sein Klo zu nah am Zaun. Nun sollen Grund und Boden verteidigt werden.
Irre geopolitische Krisen im Kleinen sind das. In sieben Episoden schimmern sie durch, elliptisch skizziert, getrennt durch Schwarzblenden. Als würde man immer neue Türen öffnen, das nächste Haus, die nächste Konstellation betreten. Nicht immer mag sich eine sonderlich intensive Dramaturgie entwickeln, so manche Pointe implodiert. Stepan Burnashev und Dmitry Davydov, die beiden Autorenfilmer, begeistern dafür mit fabelhafter Ortserkundung. Geschickt inszenieren sie in schnittlosen Plansequenzen: Die Kamera gleitet und hastet, legt lange Strecken zurück. Sie erlauben ein letztes Reflektieren und Warten auf das Schlimmste.
Noch einige Meter, dann muß der Entschluß stehen: einlenken oder ausrasten? Plötzlich sprechen nur noch Fäuste. Raufen in freier Wildbahn, archaische Gewalt, dann ein Ausharren, dann geht es weiter, dann hält man wieder inne, fernab der Zivilisation. Vielleicht kann dort in der Tat etwas Neues entstehen, ist die letzte Kraft erst einmal aus den Körpern geschlagen, der ganze Wahnsinn erkannt.
[ Janick Nolting ]