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Sie haben Knut

Gruppenbild mit Ski-Pullovern

Natürlich sind Beziehungsprobleme keine Erfindung der 80er Jahre. Wie schwer sie aber gerade damals, da Kinder Bummelmützen trugen und junge Erwachsene sich in Basisdemokratie übten, zu lösen waren, zeigt dieser liebevoll ironische Rückblick auf das gruppendynamische Lebensgefühl jener Zeit. Regisseur Krohmer und Drehbuchautor Nocke schicken den Ingo und die Nadja für ein Wochenende auf die Skihütte. Altmodisch und spätbürgerlich, das heißt zu zweit, wollen sie hier besprechen, was da eigentlich mit ihrer offenen Beziehung schiefgegangen ist.

Nun hat aber Nadjas Bruder Knut das elterliche Feriendomizil auch seinen Freunden und Anti-AKW-Mitstreitern zum Kurzurlaub angeboten, und die lassen sich nicht lange bitten. Herein spazieren der Jens, der Wolfgang, die Petra, die Birgit, zwei Kinder, Schlafsäcke und Gitarren - ach, wir finden schon ein Plätzchen. Wer fehlt, ist Knut. Wahrscheinlich von der Sitzblockade weg verhaftet. Während alle sich sorgen und selbst bei Sport und Spiel des verschollenen Freundes gedenken, während Ingo und Nadja nur streiten statt reden, quatscht sich die diskussionsfreudige Ski-Gesellschaft um Kopf und Kragen, Idealismus und Toleranz. "Knut meinte was von wegen Milch gibt’s beim Bauern. Wißt ihr da was?" Diesen und andere wunderbar geschwätzige Sätze hat man ihnen auf den Leib geschrieben - satirisches Sperrfeuer auf das Diskursgemurmel einer Generation von rundherum Friedfertigen. Lakonische, fahle Bilder erhalten den Schwebezustand zwischen nostalgischem Rückblick, unbeholfenem Urlaubsfilm und sachlichem Zeitdokument.

Als sich schließlich herausstellt, daß Knut keinesfalls verhaftet, sondern einfach nur aufgehalten worden ist und er fröhlich und unversehrt die Szenerie betritt, ist zwar erst der halbe Film vorbei, die Energie der Filmemacher jedoch leider aufgebraucht. Beckett hat schon gewußt, warum er seinen rätselhaften Godot nie hat auftreten lassen. Doch wenn die halb wilden und halb goldenen 80er Jahre eines gelehrt haben, dann das: Auch für grandiose halbe Sachen kann man sich ganz und gar begeistern.

[ Sylvia Görke ]