Natürlich ist das Quatsch. Also das mit Ingolstadt und Brüssel. Aber da Cédric Klapischs Film nun einmal die Seine-Metropole so programmatisch im Titel führt, erwartet man freilich auch einen richtigen, so ganz doll typischen Parisfilm. Wie der aussieht? Schwer zu sagen. Vielleicht aber muß Paris darin weniger beworben werden, als vielmehr wie selbstverständlich nebenher existieren. So, wie in AUSSER ATEM, wenn Belmondo und Jean Seberg über den Champs Ellysée schlendern, und die Stadt dazu nur ihre Melodie spielt. Klapischs Film fehlt das ein wenig. Das Melodiöse, das Beiläufige.
Ein gutes halbes Dutzend ineinander verwobener Geschichten um Pariser und ihre Liebes- und Lebenswirren, um entflammte oder gebrochene Herzen - und auch um ein todkrankes - kredenzt Klapisch. Roland, der Professor, der Studentin Laetitia liebt, der Gemüsehändler, der an seiner Scheidung zu kauen hat und sich gerne bei der Sozialarbeiterin Elise davon ablenken würde. Und Elise wiederum, die sich um ihren Bruder kümmert, der auf ein Spenderherz wartet. Drumherum Nebenfiguren und Erzählstränge, die sich zum Parisfresko verdichten. Doch bleibt das immer in der Drauf- und wird nie zur Innenansicht. So wie auch das Panoptikum an Figuren und Geschichten, das sicher unterhaltsam, auch anrührend in Szene gesetzt ist, dabei aber immer ein wenig im Statischen verharrt. SO IST PARIS will viele Facetten zeigen - inklusive der Problematik illegaler afrikanischer Einwanderer, was den Film tendenziell überfrachtet. Denn die Facetten werden bestenfalls Impressionen, die sich aber wiederum nie zum Reigen aufschwingen. Anders gesagt: Der Film ist weniger voll gesogen von Paris, er führt es vielmehr vor. Mit Stolz, mit Witz, mit Melancholie und Dramatik. Aber eben nie mit der eleganten Beiläufigkeit, die der Stadt so gut steht und mit der sie beispielsweise Jean-Luc Godard einst so treffend porträtierte.
Noch mal, damit keine Mißverständnisse aufkommen: SO IST PARIS ist ein Film, der Dank seines Schauspielerensembles und seiner hübschen Stadtansichten, auch mit seinen Schwächen noch sehenswert bleibt. Aber der letztlich dann doch auch woanders spielen könnte. Vielleicht nicht gleich in Ingolstadt oder Brüssel. Sicher aber in Warschau oder Barcelona.
Originaltitel: PARIS
F 2008, 129 min
Verleih: Prokino
Genre: Drama, Episodenfilm
Darsteller: Juliette Binoche, Romain Duris, Fabrice Luchini, Albert Dupontel, Francois Cluzet, Karin Viard, Mélanie Laurent
Regie: Cédric Klapisch
Kinostart: 17.07.08
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.