D/Slowakei 2020, 94 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm
Genre: Abenteuer, Erwachsenwerden, Kinderfilm
Darsteller: Elias Vyskocil, Pavel Nový, Liana Pavlikova, Szidi Tobias, Kaya Möller
Regie: Martina Saková
Kinostart: 12.08.21
Nervig, wie oft Kinderfilme treffend das eingeengte Weltbild ihrer erwachsenen Macher spiegeln, welches glaubt: Unser Zielpublikum hat ja nicht das Wissen der Großen (gern ein melancholisch-nachsichtiges Lächeln einfügen), ist ergo vollbekloppt. Abhilfe schafft da nur, dem Jungvolk entweder alles vorzukauen und zu erklären oder gleich mit ganz dickem Pinsel einfach zwanghaft schreibunt verkitschtes Gedöns zu kleistern – hallo, Disney! Gönnen Sie Ihrem Nachwuchs doch eine Erholungspause, die Gelegenheit bietet sich hier. Okay, beim Einstiegssong „Yummy, yummy, yummy“ sieht’s nicht unbedingt danach aus, aber wenn’s halt lecker schmeckt …
Derart lockeres Liedgut zu trällern, davon hält Jonas, elf Jahre, vermutlich überhaupt nichts, seine den jüngeren Bruder klar bevorzugende Mutter hat ihm gerade mal wieder nachgebrüllt, daß er bloß Scheiße baut; so geht Erziehung. Kein Papa greift ein, denn der ist tot. Man erfährt’s im Nebensatz, ein zweiter beleuchtet die Umstände, ansonsten ruht der Fokus eben auf den innerfamiliären Folgen, den zum Zerreißen gespannten Gefühlssaiten. Jonas trickst und flüchtet für die Sommerferien zu Opa Bernard, der früher coole Großvater mutierte indes zum launischen Vorruheständler. Jetzt muß eine per Datingseite rangezauberte Frau her!
Kurzes überraschtes Blinzeln angesichts der Themen, verhandelt unter Wahren respektvoller Zurückhaltung. Noch verblüffteres Staunen wegen der trotzdem ausgewogenen, sonnendurchflutet flirrenden Erzählung. Obwohl speziell eine Aussage Bernards emotionale Gräben auslotet: „Ich hatte nun mal nicht damit gerechnet, daß wir uns beide wiedersehen!“ Es liegt offensichtlich manches brach, der verlorene Vater/Sohn/Ehemann geistert unablässig umher, ohne darum den Film runterzudrücken. Jener bleibt standhaft senkrecht, offeriert Jonas eine freche Freundin, gemeinsame Abenteuer zwischen Selbstentdecken und Kleinkriminalität. Die Reibung von Bernard, knarzig, und Jonas, vorlaut, wirkt lebendig echt, niedliche Komik – die geheimnisvoll kopfbedeckte Internetsirene Giselle verspricht glatt zweite Frühlingswonnen – rundet das Erlebnis ab.
Und schließlich wird man als altersgebeugte Begleitperson wunderbar an die eigene Kindheit erinnert, vor dem geistigen Auge ziehen stundenlange Treppenhasche, ruinöse Baumhäuser und abgefackelte Leimtuben (der gute Duosan …) vorbei. Danke!
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...