Noch keine Bewertung

Sophiiiie!

Es gibt kein Ziel, nur ein Ende

In diesen Film wird man geworfen - ohne Intro, ohne Vorwarnung. Michael Hofmann (DER STRAND VON TROUVILLE) verschwendet keine Zeit. Gleich zu Beginn bringt er seine Protagonistin Sophie, Anfang zwanzig, und die Zuschauer auf Höchstgeschwindigkeit.

Sophie klaut ihrem Freund die Ducati "Monster" und rast besinnungslos und mit geschlossenen Augen durch die Stadt, bis es hinter ihr zum Crash kommt. Auch wenn sie das Motorrad abstellt - Sophie muß weiter. Eine Nacht der Entscheidung steht ihr bevor. Sie ist schwanger, weiß nicht von wem, und am nächsten Morgen hat sie einen Termin zur Abtreibung.

Auf der Suche und doch ohne Ziel stürzt sie sich in eine Nacht, die an gräßlichen Erfahrungen kaum zu überbieten ist. Sophie provoziert und improvisiert, läßt sich treiben und bestimmt das Geschehen. Die Momente des bewußt erscheinenden Agierens dabei sind kurz, erscheinen am Ende als Reaktion - als Reaktion auf eine Männerwelt, die sich ihr von allen Seiten zeigt. Es ist eine Nacht, in der die Frage der wechselnden Taxifahrer - "Wohin geht’s?" - symptomatisch wird. Sophie, die sich in spielerischer Umkehr diese Phrase aneignet, wird keine Antwort erhalten. Je näher der Morgen rückt, um so ratloser und verzweifelter erscheint sie ...

Ohne Frage ist SOPHIIIIE! zu den Raritäten des deutschen Kinos zu zählen. Atemberaubend ist die 22jährige Katharina Schüttler, welche Sophie mit Energie und Präsenz verkörpert und den Zuschauer in einen fassungslosen Bann versetzt durch das emotionale Spektrum zwischen Verletzlichkeit und Zerstörungswut.

Michael Hofmann hat den Horrortrip des Mädchens erschreckend und glaubwürdig inszeniert. Actionszenen wechseln mit minutenlangen Plansequenzen, wobei der Zuschauer beständig in Atem gehalten wird.

Nicht zuletzt ist SOPHIIIIE! mutig und radikal zu nennen, ob der Verweise auf unsere Gesellschaft. Sophie sagt: "Es gibt kein Ziel, nur das Ende". Bleibt zu hoffen, daß der Film sein Publikum findet und das Publikum zu ihm, sowie darüber hinaus, daß dieses Credo zu widerlegen ist.

D 2002, 107 min
Verleih: b.film radikal/Delphi

Genre: Drama

Darsteller: Katharina Schüttler, Alexander Beyer, Ercan Durmaz

Regie: Michael Hofmann

Kinostart: 05.06.03

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.