D 2022, 94 min
FSK 6
Verleih: W-Film

Genre: Dokumentation

Regie: Vera Brückner

Kinostart: 09.02.23

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Sorry, Genosse

Geschichten, die das Leben schreibt

Man hat keine Wahl, man muß hier mit einer doofen Phrase beginnen: „Das Leben“, trötet diese Phrase, „schreibt die besten Geschichten.“ Respektive Drehbücher – hier geht’s ja schließlich ums Kino. Und dort ist jetzt mit Vera Brückners SORRY, GENOSSE dann auch prompt ein Film zu sehen, der von einer wunderbar verrückten, tollkühnen, abenteuerlichen Liebes- und Fluchtgeschichte aus den Zeiten des Kalten Krieges erzählt. Einer Liebes- und Fluchtgeschichte, die dann tatsächlich auch noch eine wirklich wahre, also „vom Leben geschriebene“, ist.

1969 lernen sich Hedi und Karl-Heinz kennen. Sie sind jung, sie sind lebenshungrig – und sie verlieben sich. Nur, daß Hedi aus der DDR kommt, und der Karl-Heinz zwar ein linker Weltverbesserer erster Güte ist, aber leider eben einer aus dem Westen, der nur mal besuchsweise schaut, wie das mit dem Sozialismus in Realo so läuft. Und dann sein Herz folgerichtig auch nicht an die große Sache, sondern an Hedi verliert. Beiden wird klar: Man will – man muß! – zusammensein. Als verschiedene legale Anläufe dazu scheitern, reift die Idee eines aberwitzigen Fluchtplans.

Wo nun die Geschichte von Hedi und Karl-Heinz verrückt und tollkühn ist, ist Brückners dokumentarfilmische Umsetzung von allzeit freundlich leichter Beschaulichkeit. Das ist nicht schlimm, der Film bleibt sehenswert. Verschenkt sich aber zugleich Entscheidendes: jenes Quantum atmosphärischer und dramatischer Vertiefung, das daran erinnert, daß Menschen ja nicht nur aus Liebe aus der DDR flohen. Oder fliehen wollten. Was hier keine inhaltlich-moralisch Kritik ist, sondern eher eine, die darauf zielt, daß es eben nicht alleine reicht, daß das Leben die Geschichte schreibt. Was freilich auch wieder eine Phrase ist.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.