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Sound It Out

High Fidelity im echten Leben

Heute gibt es nur noch sehr wenige dieser kleinen, unabhängigen Plattenläden, wie sie Nick Hornby 1999 in „High Fidelity“ beschrieben hat. Eigentlich waren sie sogar damals schon ein Auslaufmodell, weil CDs, Amazon und Media Markt längst begonnen hatten, ihnen den Rang abzulaufen. „Sound It Out“ ist so ein Laden, und es gibt ihn heute noch. Klein, verschachtelt, vollgestopft mit Vinyl verschiedenster Stilrichtungen, Postern, Aufklebern und dem gesammelten Fachwissen von Personal und Stammkunden. So einen Laden vermutet man vielleicht in London oder Brighton, aber daß er sich ausgerechnet in einem kleinen, ziemlich trostlosen Kaff im Norden Englands halten kann, in dem früher die Stahlindustrie den Takt vorgab und in dem mit deren Niedergang viel aus dem Rhythmus gekommen ist, das ist streng genommen ein echtes Wunder.

Die Klientel des Ladens reicht vom manischen Platten-Nerd mit ausufernder Britpop-Sammlung über Metalfans in stickerbewehrten Jacken und Techno-DJs bis zum Rentner, der am liebsten Oldies hört. Im „Sound It Out“ ist eine Ko-Existenz zwischen den verschiedensten Spezies möglich, denn sie alle – Mitarbeiter wie Kunden – eint, daß sie ihr Leben ein klitzekleines bißchen neben der Norm leben und dafür eben auch einen ganz besonderen Soundtrack brauchen. Das „Sound It Out“ ist ein offener Raum, der niemandem den Zutritt verwehrt. Niemand muß etwas kaufen, jeder wird beraten, und wer nur ein paar Songs hören will und dann wieder geht, wird auch nicht schräg angeschaut.

Die Regisseurin Jeanie Finlay hat über diesen Ort und die Menschen, die ihn bevölkern, einen sehr sympathischen kleinen Dokumentarfilm gedreht, der übrigens maßgeblich durch Crowdfunding finanziert wurde. Ganz offensichtlich war es an der Zeit, den immer seltener werdenden Frei-Räumen jenseits von Mainstream und Massenkonsum ein Denkmal zu setzen. Der Ladeninhaber Tom Butchart ist ein angenehm lakonischer Typ, der den Ehrgeiz hat, jede Platte in seinem Laden mindestens einmal angehört zu haben, und der sich über den Ausnahmestatus seines Ladens durchaus bewußt ist.

Glaubt man ihm, dann ist das „Sound It Out“ nur aus einem einzigen Grund (und gegen alle Wahrscheinlichkeit) immer noch da: Man brauche einfach ab und zu mal einen Ort, um dem eigenen Leben für eine Stunde zu entfliehen, sagt er. Und dafür sei ein Plattenladen wie seiner doch ideal, denn „ ... nichts bringt Dich so zuverlässig weg aus Deinem Leben wie Musik – wenigstens so lang, wie so eine Platte eben dauert.“

Originaltitel: SOUND IT OUT

GB 2011, 75 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: Jeanie Finlay

Kinostart: 10.05.12

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.