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Sparrow

Der Taschendieb und die Femme fatale

Ist das ein neues Anzeichen für eine Orientierungskrise im Hong-Kong-Kino? Wong Kar-wai erprobte in MY BLUEBERRY NIGHTS seinen bewährten Stil auf dem amerikanischen Highway. Und Johnny To, vor allem bekannt für seine perfekt inszenierten Action-Thriller, präsentiert nun mit SPARROW eine Feelgood-Ganoven-Komödie mit zusammengeklaubten Elementen, die schön anzusehen ist, aber kaum ins Schwarze trifft.

Dabei führen Setting und Musik zurück ins alte, unabhängige Hong Kong, wo - frei und flink wie die Spatzen - eine Viererbande sympathischer Taschendiebe ein bescheidenes, aber sorgenfreies Leben führt. Klar, sie sind ein wenig einfältig und tollpatschig, die Jungs, aber das gleicht ihr charismatischer Anführer Kei wieder aus. Dann taucht eine geheimnisvolle Schöne auf. Einen Taschendieb nach dem anderen wickelt die Femme fatale um den Finger, und das bringt die Bande in Schwierigkeiten mit einem mächtigen Gangsterboß. Der hat auch mal als Meistertaschendieb begonnen und hält sich nun die Schöne als Spatz im goldenen Käfig.

Lange kreist der Film um amüsante Ereignisse, die ein kleines Geheimnis nähren, aber auch Verwirrung, denn erst nach einer guten Hälfte gerät die Handlung auf die Zielgerade. Es geht um Selbstbestimmung und Ehre. Und es geht um die unerwiderte Liebe eines mächtigen, aber alternden Mannes zu einer jungen Frau. Doch dieses Thema offenbart sich zu spät, um noch vertieft zu werden. Dramatisches Lot bleibt also aus, dafür gibt es ein fröhliches Liedchen auf den Lippen. SPARROW ist eigentlich ein Musical, in dem aber nicht gesungen wird. Das große Taschendiebfinale wird mit aufgeklappten Regenschirmen als Choreographie mit vielen Zeitlupeneffekten inszeniert. Kunstvoll und hoch ästhetisch natürlich, aber unter den Regenschirmen von Hong Kong, auf denen so hübsch der Regen prasselt, verbirgt sich diesmal nichts wirklich Spektakuläres. Zu gerne hätte man doch wenigstens ein paar ungeheure Taschendiebtricks gesehen, zumindest eine Andeutung davon. Aber nichts. Ein wenig Gerempel, und ohne weitere Mühen hat wieder eine Börse den Besitzer gewechselt.

Ganz zu Beginn des Filmes fliegt ein Spatz durchs geöffnete Fenster in die gute Stube von Meisterdieb Kei. Und dann fliegt er eben wieder raus.

Originaltitel: MAN JEUK

HK 2008, 85 min
Verleih: MFA

Genre: Komödie

Darsteller: Simon Yam, Kelly Lin, Ka-tung Lam

Regie: Johnny To

Kinostart: 30.10.08

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...