Originaltitel: MIRROR MIRROR
USA 2012, 93 min
FSK 0
Verleih: StudioCanal
Genre: Märchen, Komödie, Kinderfilm
Darsteller: Lily Collins, Julia Roberts, Armie Hammer, Nathan Lane, Mare Winningham
Regie: Tarsem Singh
Kinostart: 05.04.12
Wie wirklich unverzichtbare Statistiken belegen, handelt es sich bei „Schneewittchen“ in deutschen Landen um das beliebteste Märchen der Grimms. Wenig verwunderlich, steckt doch alles drin, was Kleinen zum Erholungsschlaf verhilft und auch der Kinobesucher mag: eine optisch heiße Psychopathin. Die Unschuld vom Land, quasi das Äquivalent zum Nachwuchs-Starlet. Diverse spannende Mordanschläge inklusive versuchten Kannibalismus’. Eine realitätsferne Lovestory. Und ein befriedigend moralisches Ende mit extra grausamem Killen des irren Miststücks, ha! Kein Wunder also, daß anno 2012 gleich zwei Verfilmungen locken, wovon SPIEGLEIN SPIEGLEIN den Anfang macht – und die Vorlage nonchalant sowie knallbunt umkrempelt. Weil Überraschungen solche bleiben sollen, nachfolgend nur zwei personelle Beispiele.
Da wäre zunächst ein Prinz, dessen sorgsam trainierter Luxusleib verdächtig oft allein durch Unterhosen bedeckt präsentiert wird, und welcher den Kuß seiner ebenholzhaarfarbigen Braut in spe flehentlich verweigert, wobei es da aber keinen direkten Zusammenhang gibt. Oder sozial benachteiligte Zwerge, die trockene Oneliner direkt aus Hüfthöhe – was nicht diskriminierend klingen sollte – schießen (ein sofortiger Klassiker: „Who’s The Guy With The Crown?“).
Indes macht bekanntlich jedes Märchen exakt so viel Freude wie sein Schurke, hier also unsere offensichtlich geistig angekratzte, gern mit einem Spiegel die Führungsposition im laufenden Schönheitswettbewerb ausdiskutierende Königin. Augen und Ohren auf die zum Anbeten bösartige Julia Roberts gerichtet: Wie sie sich während einer perfekt gemimten Szene über Schneewittchens Tod freut und ansonsten keckert, geifert, zickt! Man muß Roberts’ Synchronsprecherin Daniela Hoffmann ungeachtet ihres Talents Erfolg dabei wünschen, die lässige Giftigkeit von Verbalattacken à la „She’s 18 Years Old And Her Skin Has Never Seen The Sun, So Of Course It’s Good!“ adäquat zu transportieren.
Daß dem Film teils die Gäule durchgehen und bloß knapp am Abgrund des Blödsinns vorbeitraben, ist ebenso mild lächelnd als Mini-Makel abzuhaken wie mancher aus Zeitgründen vielleicht gar verständlich ungelenke CGI-Effekt, man wollte ja vor der Konkurrenz fertig sein. Im anhängenden Duell um die Publikumsgunst fährt diese herrliche Albernheit jedenfalls schwere Geschütze auf. Warten wir ab, was der Gegner bietet.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...