Originaltitel: STOKER
USA/GB 2013, 99 min
FSK 16
Verleih: Fox
Genre: Thriller, Drama, Erwachsenwerden
Darsteller: Mia Wasikowska, Nicole Kidman, Matthew Goode, Jackie Weaver
Regie: Park Chan-wook
Kinostart: 09.05.13
Die Leiche des angeblich verunglückten Vaters ist noch nicht kalt, da zieht schon der Onkel zu Hause ein und schickt sich an, das Schlafzimmer der Mutter zu teilen. Was schon Hamlet in den Wahnsinn trieb, zehrt auch an den Nerven der gerade 18 Jahre alten India Stoker, gespielt von einer wie immer beunruhigend guten Mia Wasikowska.
Das scheue Mädchen hat bis zur Beerdigung des heißgeliebten Vaters keine Ahnung, daß dieser einen jüngeren Bruder hatte, doch der charmante Beau namens Charles hat schnell Indias Mutter um seinen Finger gewickelt und eröffnet India ungeniert, daß er für unbestimmte Zeit zu bleiben gedenkt. India versucht, ihren enigmatischen Onkel mit allen Mitteln auf Distanz zu halten, doch ist dieser so beharrlich, seine verschlossene Nichte endlich näher kennenzulernen, daß sie ihm bald nicht mehr entrinnen kann, und er sie in seine dunklen Machenschaften mit hineinzieht, deren Wurzel ein schreckliches Familiengeheimnis bildet. Und so kommen Mias Erwachsenwerden und das Ende der eigenen Unschuld ganz anders als bei so vielen anderen Mädchen, Verzeihung, Frauen, in ihrem Alter.
Man muß bei Park Chan-wooks englischsprachigem Debüt zwangsläufig an Alfred Hitchcock denken. Nicht nur ist der Plot unverkennbar an dessen Klassiker IM SCHATTEN DES ZWEIFELS angelehnt, wo ebenfalls ein verruchter Onkel Charlie sein Unwesen im Kreise der eigenen Lieben treibt und seine Nichte in eine schlimme Zwangslage bringt. Auch Hitchcocks wohl berühmtestes Werk mit der unvergeßlichen Duschszene wird unentwegt zitiert, so etwa in der Angewohnheit des dahingeschiedenen Vaters von India, das auf der gemeinsamen Jagd von seiner Tochter erlegte Geflügel auszustopfen.
Trotz dieser vielen Verweise auf den Master Of Suspense fährt Park Chan-wook hier seinen ganz eigenen Stil, und diesen einmal mehr und trotz neuen Terrains beeindruckend sicher. Tatsächlich ist es auch die Originalität der Inszenierung, weniger die der Geschichte und Charaktere, die hier eine besondere Atmosphäre schaffen und diesen makabren Coming Of Age-Thriller wirklich sehenswert machen. So schwelgt man noch lange in diesen bemerkenswerten Bildern, wenn die verquere Handlung dann doch längst verblaßt ist.
[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...