Angela - wie könnte dieses kühle, schlafwandlerische Wesen mit dem Gesicht eines Engels anders heißen? Unsere Heldin, ein Teenager aus ordentlichen deutschen Verhältnissen, zwar ohne Lebensplan, aber immerhin mit zwei echten Leidenschaften gesegnet: Zeichnen und Abenteuer. Aber nicht irgendein billiges Discoabenteuer, sondern ein richtiges. Und wo findet sich so etwas besser als in der Fremde - im Land der Mangas?
In Tokio beginnt sie als Hosteß in einem Nacht-Club, in dem europäische Mädchen die gestreßten japanischen Männer ein wenig umgarnen oder auch ein wenig mehr, natürlich illegal. Angela behauptet sich gegen ihre neidischen Konkurrentinnen. Während die Japaner der ätherischen Schönheit verfallen, interessiert diese etwas anderes: Ein Mädchen ist verschwunden. Fehlt noch ein unheimlicher europäischer Geschäftsmann, ein finsteres WG-Geheimnis und ein Freund, dem man alles anvertrauen kann - oder doch nicht? Angelas Ermittlungslogik ist nun von besonderer Art. Zeichnend zieht sie ihre Rückschlüsse. Und was auf dem Papier zustande kommt, ist für Angela eine wahrhaft gefährliche Geschichte, die besser nicht in die falschen Hände geraten sollte.
STRATOSPHERE GIRL wagt einen Grenzgang zwischen Psycho-Thriller, Märchen und verfilmtem Manga. Und das gelingt nicht nur in der Übertragung der Bildwelten, wenn Angela die realen Gestalten ihres Abenteuers auf Papier bannt, sondern vor allem in der atmosphärisch dichten Kameraarbeit und in der Ausstrahlung des Mädchens, das geradewegs einem Comic entstiegen zu sein scheint. Das nächtliche Tokio bildet einmal mehr die Kulisse für Menschen, die sich in einer Art Paralleluniversum verloren haben, lost in translation gleich in mehrfacher Hinsicht. Leider verliert sich am Ende auch der Plot in der Grenzzone.
Das Spiel mit der Möglichkeit, daß Angela ihr phantastisches Abenteuer eigentlich zeichnet und damit selbst in der Hand hat, verführt zu grober Schummelei in der Auflösung der Geschichte. Das hätte nicht passieren dürfen, sollte aber von einem Filmbesuch nicht abhalten.
D 2003, 85 min
Verleih: REM
Genre: Animation, Drama
Darsteller: Chloé Winkel, Jon Yang, Filip Peeters
Regie: M.X. Oberg
Kinostart: 09.09.04
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...