Schon recht früh läßt dieser Oliver Tate wissen: „Manchmal wünsche ich, mir würde eine Filmcrew folgen.“ Und was wie der halbgare Wunschtraum eines Teenagers von einiger Verschrobenheit – verschroben nämlich ist Oliver– anmutet, ist in Wirklichkeit (wenn man diese verschroben halbgare Bezeichnung mal benutzen darf) schon der erste clevere Kniff, mit dem einen Regisseur Richard Ayoade für SUBMARINE gewinnt. Denn SUBMARINE ist ja ein Film und zudem einer, der Oliver ziemlich hartnäckig folgt. Hinein in die Tiefen (und auch Untiefen) eines doch recht besonderen Charakters, der quasi cineastisch-submarin-unterseeisch durchpflügt wird.
Daß Oliver dazu oft am Meer steht, das unweit seiner tristen walisischen Heimatstadt brandet, ist da zwangsläufig. Der Wind zottelt dabei genauso gehörig durch seine verunglückte Pilzkopffrisur, wie er am Parka aus dem QUADROPHENIA-Fundus zerrt. Und lauscht man den Gedankengängen, die dazu auf der Tonspur im Off direkt aus Olivers Kopf dringen, weiß man, hier steht ein tiefsinniger Denker. Wenn auch von trauriger Gestalt.
SUBMARINE ist eine jener Coming Of Age-Geschichten, wie sie in dieser Art nur von der britischen Insel kommen. Spröde Poesie und trockener Humor gehen hier ein ähnliches Liebesverhältnis ein wie Oliver und Jordana, diese so grundverschiedenen Wesensverwandten, die sich eigentlich wunderbar nahe sind, aber einen Großteil ihrer Energie dafür aufbringen, in entscheidenden Momenten distanziert zu bleiben. Das ist komisch und traurig. Und wie gefangen schwebt man durch diesen eigentümlichen trüb-klaren Mikrokosmos.
Und man erkundet ihn mit den Augen Olivers. Der Blick, wie durchs Unterwasserfernrohr, streift dabei seltsame Fische mit seltsamen Verhaltensmustern. Olivers Mutter etwa, die ein Verhältnis mit einem Esoterik-Guru hat, dessen Vokuhila-Frisur zu den dämlichsten der Filmgeschichte gehören dürfte. Oder eben Olivers Vater, der zu diesem Verhältnis mit deprimierendem Stoizismus schweigt. Und wenn das Zerbrechen der elterlichen Ehe oder das Martyrium der Schule oder das Verhältnis zu Jordana Oliver arg fordern, bleibt dem immer noch Zeit für wichtige Fragen. Etwa, warum es üblich ist, zum Geburtstag Kollegen oder Mitschülern Kuchen mitzubringen. Und Zeit für Selbsterkenntnis: „I’m Only Happy When It Rains, I’m Only Happy When It’s Complicated ... “ Nicht nur, aber gerade auch für Freunde dieser Weltsicht ist SUBMARINE ein wunderbarer Film.
Originaltitel: SUBMARINE
GB 2010, 97 min
Verleih: Kool
Genre: Schräg, Erwachsenwerden, Tragikomödie
Darsteller: Paddy Considine, Noah Taylor, Sally Hawkins
Regie: Richard Ayoade
Kinostart: 17.11.11
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.