Musik hat Macht, zumindest, wenn sie aus dem tiefsten Inneren kommt. Und das war ganz sicher so bei Malik Høegh, dem charismatischen Gründer der ersten Band, die auf Grönländisch sang: Sumé. Maliks poetische Texte, die sein Volk aufriefen, endlich wieder als Inuit zu fühlen und zu handeln, in Kombination mit tanzbarer Rockmusik, schockten und rockten ganz Grönland (und auch Dänemark), als 1973 das erste Album „Sumut“ herauskam.
Regisseur Inuk Silos Høegh wuchs mit der Musik der Band auf. Sein Film ist für ihn eine Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten seiner Eltern und den politischen Prozessen jener Zeit. Gleichzeitig greift er Maliks Worte intuitiv auf und erschafft mit Collagen aus Archivmaterial kraftvolle Metaphern, die der Musik von Sumé die grandiosen Musikvideos bescheren, die sie bisher nicht hatten.
In den 70ern wurden in Grönland die Stimmen lauter, endlich mehr Unabhängigkeit von Dänemark zu erlangen und vor allem mehr Selbstbewußtsein als eigene Nation zu entwickeln. Sumé wählten für ihr erstes Cover einen Holzschnitt aus dem 19. Jahrhundert, der einen Inuit-Jäger zeigt, einen dänischen Wikinger tötend. Damit provozierten sie, aber überspitzten auch intelligent das Medienbild, welches in Dänemark vorherrschte: der „nicht zivilisierte“ Grönländer, der nun als aufmüpfiger Teenager gegen den weisen Vater Dänemark rebelliert.
Bis dahin war aber von Dänemark sowieso schon gute Arbeit geleistet worden, den „Wilden“ dänische Kultur beizubringen. In den Schulen in Grönland wurde bis auf im Grönländischunterricht Dänisch gesprochen, wer etwas anderes werden wollte außer Arbeiter in der Fischfabrik oder Fischer, mußte sich in Dänemark ausbilden lassen, Umsiedlungen ganzer Städte in dänische Betonsiedlungen fanden statt, und überhaupt wußte jeder Grönländer, daß, wenn er es zu etwas bringen wollte, er sowieso viel besser als jeder Däne sein mußte.
Zwar erreichte Grönland 1979 seine politische Selbstverwaltung im Inneren, seine kulturelle Identität, welche die Kolonialisierung über Jahrzehnte zerstört hatte, konnte es aber bis heute nicht zurückgewinnen. Alkoholprobleme, eine hohe Suizidrate und Kriminalität sind die Folgen eines aufgezwungenen gesellschaftlichen Wandels. Wer also nur ein paar wenige Tropfen Rebellion in seinem Blut hat, wird mit Sumé die Revolution tanzen wollen. Zumindest einen Kinoabend lang.
Originaltitel: SUMÉ – THE SOUND OF A REVOLUTION
DK/Norwegen 2014, 73 min
FSK 0
Verleih: mindjazz
Genre: Dokumentation, Musik, Polit
Regie: Inuk Silos Høegh
Kinostart: 11.02.16
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...