Originaltitel: TAKING WOODSTOCK

USA 2009, 110 min
FSK 6
Verleih: Tobis

Genre: Komödie, Musik

Darsteller: Demetri Martin, Liev Schreiber, Paul Dano, Imelda Staunton

Regie: Ang Lee

Kinostart: 03.09.09

4 Bewertungen

Taking Woodstock

Am Rand mittendrin

Ang Lee sagte einmal, sein Film DER EISSTURM zeige die USA-70er als eine Art Kater nach dem Woodstock-Rausch. Jetzt hat der Regisseur, pünktlich zum 40. Jahrestag des Love, Peace and Happiness-Festivals, einen Film gedreht, der unter anderem auch ahnen läßt, warum auf diese große, rauschende Party einfach nur ein langer, desillusionierender Kater folgen konnte.

Schon vor Jahren verließ Eliot die Kleinstadt Bethel. Doch jeden Sommer kehrt er zurück in diese Provinztristesse, um seinen Eltern bei der Bewirtschaftung ihres kurz vorm Ruin befindlichen Motels zu helfen. Als Eliot erfährt, daß im Nachbarort Wallkill das geplante Woodstock-Festival am Widerstand braver Bürger scheiterte, sieht er die Möglichkeit gekommen, den maroden Familienbetrieb wieder in Schwung zu bringen. Eliot kontaktiert die Festival-Organisatoren und bietet ihnen Bethel als Alternativort an. Was er damit lostritt, ahnt er freilich nicht.

Man kann ja Hippies durchaus nervend finden. Dieses Bewußtseinserweiterungsgedöns zum Beispiel oder das treudoofe Peace-Grienen unter der Matte plus Jutebeutel über der Schulter. Und doch: Diese Energie, dieser Zauber, der damals in Woodstock herrschte, und der, ganz klar, der Ernüchterung weichen mußte – das hatte was. Und auch 40 Jahre danach kann man nur staunen, über das, was damals geschah. Auch Ang Lees Film staunt. Obwohl er nichts zeigt von den großen Attraktionen, die ja vor allem bestaunt wurden: die Musiker auf der Bühne nämlich. In TAKING WOODSTOCK gibt es also keine The Who, keine Janis Joplin, keine Jefferson Airplane, keinen Sly and The Family Stone und keinen Jimi Hendrix. Und das ist gut so.

TAKING WOODSTOCK erzählt eine Geschichte vom Rand der Ereignisse. Und ist doch mittendrin. Die Invasion der Hippies, der Kulturschock, das Organisationschaos und das letztlich große Gelingen. TAKING WOODSTOCK zelebriert das als schräges Atmosphäre-Fresko, als buntes Impressionen-Mosaik, in das Ang Lee immer wieder anekdotenhafte Episoden, inklusive LSD-Trip, einfügt. Und bei allem, was da ironisiert und distanziert erzählt wird, das kopfschüttelnde Staunen über diesen wunderbaren Wahnsinn damals wird der Film nicht los. Und auch das ist gut so.

TAKING WOODSTOCK liefert schöne Randnotizen zum Hauptgeschehen. Blicke auf drei Tage eines gelebten Traums. Blicke mit dem traurigen Wissen ums baldige Erwachen. Auf den Sommerregen wird der Eissturm folgen.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.