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Tanz der Titanen

Alphatiere allein im Wald

„Selig sind die Armen im Geist, denn ihnen gehört das Himmelreich“, sprach Jesus. Hoffentlich hörten die Armen nicht zu. Das in der verbalen Ohrfeige versteckte Kompliment wäre ihnen eh entgangen. Die in dieser Satire auf offenem Feuer verbratenen Persönlichkeiten der zeitgenössischen Weltpolitik nennen nun zwar keine Himmelreiche ihr eigen. Aber an der Spitze eines reichen Industrielandes westlicher Prägung zu thronen, weckt auch in den eifrigsten Verteidigern des Egalitätsprinzips majestätischen Besitzerstolz – eine Amtszeit lang. Drei kanadische Filmemacher reiben G7-Autoritäten aus der Wirklichkeit durch und unterziehen die Abklatsche einem Intelligenztest.

Der Minikongreß tagt in Dankerode, drumrum teutonischer Bedenkenwald, Moorleichen und ein Totenfluß. Anlaß ist eine Krise von unermeßlicher Tragweite. So viel wissen sie schon. Das im Garten geschossene Gruppenfoto soll den Menschen Zuversicht vermitteln: Ganz oben kümmert man sich. Sofort. Quasi unverzüglich – nachdem Liebes- und sonstige Affären ausführlich besprochen sind. Als das Gremium endlich vom Schnaps- in den Dienstmodus wechselt, ist ihr Gefolge weg, wie weggeblasen. Man malt sich aus, wie das Regie-Trio vor dem Szenenbild saß und es leerpustete: Tabula rasa für die Leistungsprüfung der glorreichen Sieben. Guy Maddin, der Senior des Dreigestirns, hat in den Gebrüdern Johnson kongeniale Mitstreiter für Pflege und Tuning seiner cineastischen Extravaganzen gefunden. Maddin liebt die Kunstmärchen der deutschen Romantik und faltet seine stets vom Wahnsinn geküßten Filmstoffe in den verwegensten Arabesken auf.

Hier bauen die drei den Hochachtung gewöhnten Krisenbewältigern einen Parcours auf, der sie doof, aber auch drollig aus der Wäsche gucken läßt. Zum Beispiel, als die Chefin der Europäischen Kommission plötzlich in Todesangst aus dem Unterholz bricht. Oder als sie auf einer Lichtung Folgendes erblicken: ein riesiges Gehirn, gedankenlos abgestellt. Stichwort Wäsche: Das beste Nervenkostüm besitzt offenbar die deutsche Bundeskanzlerin. Um sich dem schönsten aller Regentenkollegen auf einem Moosteppich hinzugeben, streift sie allerdings doch einmal den Hosenanzug ab. Den trägt die Schauspielberühmtheit Cate Blanchett übrigens mit derselben Führungskraft-Grandezza wie das reale Vorbild.

[ Sylvia Görke ]