Originaltitel: TATAMI

Georgien/USA 2023, 104 min
FSK 12
Verleih: Wild Bunch

Genre: Drama, Thriller, Sport

Darsteller: Arienne Mandi, Zar Amiri Ebrahimi, Jaime Ray Newman

Regie: Guy Nattiv, Zar Amiri Ebrahimi

Kinostart: 01.08.24

1 Bewertung

Tatami

Gegner auf der Matte und im Nacken

Das iranische Kino wird zumeist nur auf Festivals und in engen Arthouse-Nischen gesehen. Das ist sehr oft überhaupt nicht verdient, wohl aber nicht zu ändern. Im Gespräch sind Irans Filmemacher auch aufgrund ihrer Abwesenheiten bei Preisverleihungen, weil die politischen Machthaber ihrer Heimat sehr gern Reiseverbote verhängen, von Gefängnisstrafen ganz zu schweigen. Was bleibt, ist der Zufall. Oder das Exil. Mit Ali Abbasi, einem in Dänemark lebenden Iraner, drehte die Schauspielerin Zar Amiri Ebrahimi den 2022 völlig zu Recht und großflächig beachteten Thriller HOLY SPIDER. Jetzt hat sie als Regisseurin und Darstellerin zusammen mit dem israelischen Kollegen Guy Nattiv das Drama TATAMI inszeniert – nach wahren, allerdings ziemlich offensiv adaptierten Begebenheiten. Es ist zugleich die Premiere einer Länder-Kooperation.

Iran gegen Israel – so weit durfte es bei den Judo-Weltmeisterschaften gar nicht erst kommen. Anstatt den Sport-Joker des Klassenkampfes zu ziehen, wie es einst die DDR so gern praktizierte, setzen die iranischen Funktionäre lieber auf Abbruch. Man könnte ja verlieren. Leila, ihr Vorzeigestar fürs erste Judo-Gold, ist aber zu stur, zu ambitioniert, viel zu gut, um nicht doch das WM-Finale zu erreichen, nur könnte dort eben die Vertreterin Israels auf der titelgebenden Matte stehen. Also wird über Leilas Trainerin das sofortige Stopzeichen gezückt, telefonischer, bald persönlicher Druck aufgebaut, weil sogar erste Festnahmen im Iran erfolgen. Doch Leila kämpft weiter – auf der TATAMI und gegen die Bedrohung. Zunächst.

Auch dieser Film wird schnell zum Thriller, der mit schwarzweißen Bildern die Runden zählt, die Leila übersteht, der mit der Kamera dicht an Griffe und Würfe geht, sich in schummrigen Gängen der Wettkampfhalle an Fersen heftet, in Räume blickt, wo sich Schicksale entscheiden, während Leilas Mann, ihr kleiner Sohn und die Freunde daheim nur so lange befreit mitfiebern, bis auch dort die Gefahr zu groß wird. Ebrahimi und Nattiv setzen voll auf die überzeugende Hauptdarstellerin Arienne Mandi und den berstenden Kampf im Inneren ihrer Figur. Das ist wirklich stark, während sich die äußeren Seitenstränge leider mehr und mehr im Klischee verhaspeln, Stringenz verlieren, die Heldin am Ende sogar ein wenig ausliefern. Sie hätte es sich niemals so einfach gemacht wie der Film beim fortschreitenden Erzählen.

[ Andreas Körner ]