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The Black Power Mixtape 1967-1975

Aufwühlendes aus Amerikas Leichenkeller

Es ist immer wieder beeindruckend, wie es das konservative Amerika stets schafft, aus der nicht gerade schreckensarmen eigenen Geschichte einen einzigen Fortschrittsmythos zu machen. Der Völkermord an den Indianern? Ein notwendiges Opfer im Entstehungsprozeß von God’s Own Country. Die Geschichte der Sklaverei? Eine schlimme Sache, aber doch noch vorm Eintritt ins fortschrittliche 20. Jahrhundert wieder ausgemerzt! Und das Thema Rassismus ist doch eigentlich schon seit Martin Luther King ein alter Hut und sollte spätestens mit Obamas Wahlsieg gegessen sein, oder? Angesichts dieser doch immer noch recht verbreiteten Ignoranz der Weltmacht gegenüber der eigenen historischen Makel ist es sicher kein schlechter Umstand, daß eine neue Dokumentation über die im Titel umrissene, wohl umbruchsreichste Zeit der USA aus Schweden kommt.

In den dortigen Fernseharchiven stieß Regisseur Göran Olsson nämlich auf einen unglaublichen Fundus an Doku-Material, das von schwedischen Journalisten in den 60ern und 70ern rund um die Brennpunkte der Black Power-Bewegung gedreht wurde. Zusammen mit Ko-Produzent Danny Glover hat Olsson daraus ein aufwühlendes Mosaik der Bürgerrechtsbewegung geschaffen, dessen Nähe zum damaligen Geschehen sich interessanterweise aus der unvoreingenommenen, neugierigen Perspektive der skandinavischen Fernsehredakteure ergibt.

Neben oft schonungslosen Bildern vom Alltagsleben in Harlem sind es vor allem Aufnahmen von zuvor nie so privat gezeigten Black Power-Größen wie Stokely Carmichael, Angela Davis oder Eldridge Cleaver, die den Film zu einer äußerst unterhaltsamen Geschichtsstunde machen.

Aber das Werk hätte seinen Titel zu Unrecht, wenn es sich allein auf seine starken Bilder verlassen würde. Die Tonspur ist nicht minder bemerkenswert, angefangen beim erstklassigen Soundtrack, der sich trotz exzellenter Beats nie in den Vordergrund drängt, bis hin zu den kontrastreichen Off-Kommentaren schwarzer Kulturgrößen wie Talib Kweli, Erykah Badu oder Harry Belafonte, die sich die Klinke in die Hand geben mit den noch lebenden Protagonisten von damals.

Daß einem angesichts der mutigen, revolutionären Persönlichkeiten im Film so mancher Gedanke zu den Miseren der Gegenwart kommt, ist dabei ein Bonus, den die Filmemacher ohne jeden krampfhaften Aufruf zur Rückbesinnung hinbekommen. Ein Mixtape gegen das Vergessen und zur Inspiration.

Originaltitel: THE BLACK POWER MIXTAPE 1967-1975

S/USA 2011, 100 min
Verleih: Mouna

Genre: Dokumentation, Musik

Darsteller: Angela Davis, Eldridge Cleaver, Bobby Seale, Harry Belafonte, Melvin van Peebles

Stab:
Regie: Göran Olsson
Drehbuch: Göran Olsson
Produktion: Danny Glover

Kinostart: 22.12.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...